Heimwerken im digitalen Zeitalter mit der Toolbox Einbeck

Mit Kurts Toolbox steht mitten in Einbeck die weltweit erste Toolsharing-Plattform, die es ermöglicht, Werkzeuge per App zu mieten. Kurt König und Fabian Schuster (v.l.) präsentieren damit ein Konzept mit Zukunft.

Wahrscheinlich hat fast jeder schon einmal eine ähnliche Situation erlebt: Man sitzt abends zu Hause, das Wochenende steht vor der Tür, und man denkt, dass die Hecke endlich mal wieder geschnitten werden müsste – nur fehlt das passende Werkzeug dafür. Was also tun? Freunde, Bekannte oder Nachbarn fragen? Oder sich das fehlende Teil lieber doch direkt kaufen?

Für genau solche Fälle hat der Baumaschinenhändler Kurt König aus Einbeck ,Kurts Toolbox‘ entwickelt. Der zweistöckige Container, der auf dem Parkplatz eines Baumarktes in der Bier- und Fachwerkstadt steht, ist die weltweit erste Toolsharing-Plattform und ermöglicht es Heimwerkern, ohne größeren Aufwand professionelles Werkzeug auszuleihen. „Von Bohrmaschine und Winkelschleifer über Kettensäge und Vertikutierer können Kunden hier über eine zugehörige App das benötigte Gerät reservieren und rund um die Uhr aus einer der Boxen abholen“, erklärt der Geschäftsführer das Prinzip. Nach dem Zurückbringen wird dann minutengenau abgerechnet. Bezahlt wird via Kreditkarte oder Lastschrift. Das alles geschieht über eine intuitiv bedienbare App, die sich Nutzer kostenlos über den App Store herunterladen können. Nach einem kurzen Anmeldeprozedere steht dem Ausleihen nichts mehr im Wege.

Für Kurt König, der das Familienunternehmen in dritter Generation führt, und Fabian Schuster, der das Projekt rund um die Plattform leitet, ist die Toolbox ein logischer Schritt: Im Kerngeschäft vermietet König größere Baumaschinen wie Bagger und Muldenkipper an andere Firmen. Mit der Toolbox richtet sich das Unternehmen nun auch an Privatkunden. „Unser B2C-Bereich war natürlich nicht so stark wie das B2B-Geschäft, das wollten wir ändern“, erzählt Schuster. „Die Frage war, wie wir mit unserer Leidenschaft fürs Vermietungsgeschäft auch Privatkunden erreichen können.“ Etwa ein Jahr hat es von der Idee zur Entwicklung gebraucht, seit Juni 2018 steht der Prototyp nun in Einbeck. Das zugehörige Marketingkonzept wurde durch ein eigens gegründetes Lab gemeinsam mit Hamburger Studierenden entwickelt.

Die beiden Entwickler sehen das Projekt als Teil der Sharing Economy, das dem aktuellen Zeitgeist entspricht. „Der Sharing-Gedanke wird in Deutschland immer größer – warum sollte man also nicht auch sein Werkzeug teilen?“, sagt König. „Viele Menschen können oder wollen gerade für kleinere Projekte keine Handwerker kommen lassen – wir bieten ihnen die Möglichkeit, ihre Ideen mit professionellem Equipment selbst umzusetzen, ohne sich die oft teuren Geräte und Maschinen kaufen zu
müssen.“ Außerdem würde damit dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung getragen.

Vieles habe man sich dabei vom Carsharing abgeschaut, das in Deutschland bekanntlich seit Jahren etabliert ist. Wichtig sei Schuster dabei vor allem die Einfachheit: „Die Kunden sollen sich keine Gedanken machen müssen. Werkzeug reservieren, abholen und los geht’s!“ Deswegen wären zum Beispiel bei Bohrmaschinen immer auch die passenden Aufsätze inklusive. Natürlich habe es auch Skeptiker gegeben – vor allem ,ältere Semester‘ konnten dem Konzept anfangs nur wenig abgewinnen, erzählt König. „Für ältere Generationen ist die Digitalisierung schon noch Hemmnis.“ Dass die Toolbox aber für Kunden jeden Alters einfach zu bedienen ist, zeige das Beispiel eines Einbecker Rentners, der sich beim ersten Mal das App-System von seinen Enkeln kurz erklären ließ und seither regelmäßig allein zum Ausleihen kommt.

Angenommen wurde die Toolbox laut König und Schuster im ersten Jahr gut. „Es gibt bereits eine beachtliche Zahl von Stammkunden, neue kommen laufend hinzu“, sagt der Geschäftsführer zufrieden. Die App wurde im Google und Apple Store bisher über 3.000 Mal heruntergeladen. Natürlich sei es je nach Jahreszeit unterschiedlich, welche Werkzeuge am gefragtesten sind. „Allgemein lässt sich aber feststellen, dass die volle Bandbreite der angebotenen Geräte auch genutzt wird“, erklärt Schuster. Ihre Kunden schätzten die Qualität der Profiwerkzeuge, welche die Arbeit massiv erleichtern. „Hin und wieder werden Produkte auch gekauft.“ Errechnet sich ein Nutzer nämlich, dass die Leihgebühr für ein Werkzeug den Kaufpreis übersteigt, besteht die Möglichkeit das geliehene Gerät direkt über die App zu kaufen und zu behalten.

Auch das Fachpublikum konnten Idee und Umsetzung bereits überzeugen: Auf der Innovationsmesse Digital X North in Hamburg gewann das Unternehmen mit ihrer ersten Toolsharing-Plattform der Welt im Juni in der Kategorie ,Digitale Transformation Mittelstand‘ den Preis ,Regionaler Digital Champion‘.

Die nächste Toolbox soll zeitnah in Stade aufgestellt werden, außerdem gibt es Pläne für Boxen im Baltikum, das als europäisches Vorbild in Sachen Digitalisierung gilt. Neben weiteren Standorten arbeitet die Firma aber aktuell auch an einem Franchisesystem. Derzeit werden sowohl im In- als auch im Ausland Gespräche mit potenziellen Franchisenehmern geführt. „Heimwerker gibt es überall, und der Trend zum Selbermachen wird immer größer“, sagt König. „Wir sind davon überzeugt, dass unsere Idee auch in anderen Regionen ankommt. „Wir wollen die Innovation aus Einbeck weltweit bekannt machen.“ ƒ

Foto: Alciro Theodoro da Silva

Wo steht die Box?

kurts toolbox
Schwammelwitzer Str. 11
37574 Einbeck

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