Gut verdrahtet mit Enwired

Die Gründer von Enwired aus Bad Gandersheim hat ein gemeinsames Ziel zu ihrem Start-up motiviert: mit dem autarken Haus das Klima retten.

Was kann man selbst tun, um klimapolitisch etwas zu bewirken? Mit dieser aktuellen Fragestellung setzten sich 2019 auch drei frischgebackene Abiturienten aus Bad Gandersheim auseinander: Niklas Ostendörfer, Paul Lehne und Phil Leuci. „Mit dem Abi in der Tasche habe ich zunächst ein Auslandsjahr in Indien absolviert“, erzählt Leuci. „Die beiden anderen kamen mich dort besuchen, und gemeinsam sind wir viel gereist, unter anderem durch Australien. Motiviert durch unsere Reiseeindrücke, haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir uns für den Klimaschutz einsetzen können.“ Zurück in Deutschland reifte dann die Idee, dass erneuerbare Energien in der Haustechnik ein lohnenswertes Projekt sein könnten.

Das Start-up für energetische Häuser

So wurde im Juli 2021 Enwired gegründet: mit der Idee, das energetisch autarke Haus zu schaffen. Enwired liefert dafür das energetisch-technische Konzept und baut die Anlagen ein. Es beginnt bei der Energieerzeugung, vor allem durch Photovoltaik-Anlagen, aber auch durch kleine Windkraftanlagen, und geht über die Speichertechnik bis zur Heizung und Ladestation für Elektroautos. „Ein autarker Haushalt hat viele Facetten, deswegen betrachten wir das Gesamtsystem und wollen auch alle dafür notwendigen Komponenten mit einbinden“, erklärt Leuci. Mit aktueller Technik lasse sich zurzeit etwa ein Autarkiegrad von 75 bis 80 Prozent erreichen.

Ihr Start-up treiben die Gründer neben Ausbildung und Studium in ihrer Freizeit voran. Mit ihren Ausbildungen ergänzen sie sich zudem gut: Niklas Ostendörfer, derzeit im dualen BWL-Studium, organisiert den Vertrieb und kümmert sich für die Kunden um die Fördermodalitäten. Phil Leuci, Student der Wirtschaftspsychologie, verantwortet die Finanzen und das Marketing. Paul Lehne, der kurz vor dem Ende seiner Dachdeckerausbildung steht, und sein Kollege Alex Stahlmann, in Kürze Dachdeckermeister und als Vierter zu dem Start-up-Team dazugestoßen, sorgen für die konkrete Umsetzung der Projekte. Und noch ein Seniorpartner gehört zum Team: Axel Lehne, der Onkel von Paul, der als selbstständiger Bauleiter Projekte in ganz Deutschland betreut. „Anfang 2021 kamen die vier Jungs hoch motiviert mit der Frage auf mich zu, ob ich sie bei der Gründung einer Firma unterstützen kann“, erzählt Axel Lehne.

Seitdem geht es konsequent voran. Als einen der Schlüssel für ihren Erfolg sehen die Gründer den Service. „Der übliche Ablauf für jemanden, der beispielsweise in eine PV-Anlage investieren will, sieht so aus, dass er sich zunächst selbst einen Anbieter suchen muss, dann einen Dachdecker und einen Elektriker, die die Anlage installieren“, erzählt Paul Lehne. Zudem gebe es eine Menge Papierkram, wenn es um Anträge für staatliche Förderprogramme geht. „All das übernehmen wir für den Kunden.“

Gleichzeitig will Enwired als langfristiger und verlässlicher Partner für Probleme bereitstehen, denn der Kunde investiere schließlich einige Tausend Euro. „Dann soll er auch sicher sein, dass seine Energieproduktion verlässlich funktioniert“, sagt Bauleiter Axel Lehne bestimmt. „Vertrauen ist daher das ganz große Thema.“ Dazu gehöre aber auch Verlässlichkeit. „Wir befinden uns in einer Situation mit sehr hoher Nachfrage am Markt, weshalb viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, angesichts begrenzter Kapazitäten die vielen Anfragen zu bewältigen.“ Die Folge seien teils monatelange Wartezeiten, bis die Fachbetriebe ein Angebot für die Installation einer PV-Anlage herausschickten.

Schnelle Erfolge

Trotz all dieser Herausforderungen sind die vier Gründer bereit, die Kundenanfragen, Angebote und vieles mehr zügig abzuarbeiten. „Nächtlicher E-Mail-Verkehr, etwa um ein Projekt zu komplettieren, ist keine Seltenheit“, erzählt Axel Lehne. Das Ziel sei, innerhalb von zwei bis drei Wochen ein differenziertes Angebot unterbreiten zu können. Mit diesem Ansatz hat das Enwired-Team innerhalb kurzer Zeit bereits sichtbare Erfolge erzielt. Hauptsächlich sind es private Anfragen für PV-Anlagen bis zehn Kilowatt, oft motiviert durch gestiegene Strompreise oder einen höheren Stromverbrauch, etwa aufgrund des Umstiegs auf Wärmepumpen. Aber auch zwei größere Anlagen um 300 Kilowatt sind bereits in der Projektierung. Rund 50 Projekte hat das Start-up aus Bad Gandersheim bereits in der Planung – viele sind das Ergebnis von Mundpropaganda. Das alles hat nicht nur dazu geführt, dass die Firma inzwischen auf ein verlässliches und weiter wachsendes Netzwerk zurückgreifen kann, um den Allroundservice anbieten zu können, sondern es sind auch schon Lieferanten auf das junge Team aufmerksam geworden –
so etwa die Firma Solarwatt, ein deutscher Hersteller von PV-Anlagen. Mit Solarwatt konnte vereinbart werden, dass Anfragen von Interessenten rund um Gandersheim zur Bearbeitung an Enwired weitergeleitet werden. „Das ist erstaunlich, weil wir eine noch junge Firma sind, die sich erst in der Entwicklung befindet“, sagt Axel Lehne.

Die Motivation im Team ist trotz der doppelten Arbeitsbelastung aus Ausbildung oder Studium und Wochenend- und Nachtarbeit für das Start-up hoch. „Wir kommen so auf 60 oder 70 Stunden in der Woche“, sagt Phil Leuci. „Aber wir hatten noch nie den Fall, dass es uns keinen Spaß mehr gemacht hat.“ Im Gegenteil, die Euphorie, mit der die Gründer gestartet sind, sei eher noch gewachsen. „Wir haben die Firma mit dem Ziel gegründet, dass es sie über Jahrzehnte geben soll“, ergänzt Niklas Ostendörfer. „Wir sehen die Resultate. Wir sehen, es ist zukunftsträchtig. Insofern kann ich mir auch vorstellen, dass Enwired mal unser Vollzeitjob wird.“ƒ

Foto: Alciro Theodoro da Silva
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