Jens Frahm, weltweiter Pionier in Sachen MRT-Forschung, und sein erfolgreicher Weg in die illustre Runde von Nobelpreisträgern

Jens Frahm hat bereits viele hochkarätige Wissenschaftspreise bekommen. Über die jüngste Auszeichnung hat sich der Göttinger Biophysiker besonders gefreut: Die Medizinische Fakultät der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) verlieh ihm Anfang Februar die Jakob – Henle Medaille. Diese höchste Auszeichnung der Fakultät erhielt Frahm für seine Lebensleistung auf dem Gebiet der Magnetresonanz – Bildgebung. Kurz zuvor war ihm eine andere Ehre zuteilgeworden: Das ,manager magazin‘ nahm ihn in die ,Hall of Fame‘ der deutschen Forschung auf. Mit dieser Initiative ehrt die hochkarätige Jury Wissenschaftler, die durch ihre Leistungen den Forschungsstandort Deutschland vorangebracht haben. Frahm gehört damit zu einer illustren Runde, der elf Nobelpreisträger angehören, unter ihnen die Göttinger Preisträger Manfred Eigen und Stefan Hell. Die Auszeichnung der UMG hat für ihn aber einen besonderen Stellenwert: „Ich habe meine gesamte Forschungsarbeit in Göttingen geleistet und arbeite hier mit vielen Wissenschaftlern und klinischen Kollegen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen eng zusammen.“

Dass sich der gebürtige Oldenburger dem Standort Göttingen einmal so eng verbunden fühlen würde, war nicht absehbar, als er 1969 an der Georg-August-Universität sein Physik-Studium aufnahm. Im Gegenteil: Frahm war frustriert, weil die ersten Semester so theorie- und mathematiklastig und ohne direkten Bezug zum Experiment waren. „Heute ist die Vernetzung von Theorie und Praxis besser“, meint der 65-Jährige.

Interessant wurde es erst nach dem Vordiplom, als er bei den Praktika mit realer Forschung in Berührung kam. Bei der Suche nach einem Thema für seine Diplomarbeit schaute er sich auch im Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie um. Der Leiter der Abteilung Elektrochemie und Reaktionskinetik, Hans Strehlow (1919-2012), bot ihm eine Arbeit zum Thema Kernspinresonanz an – und stellte damit für Frahms Forscherkarriere die entscheidende Weiche. Anfang der 1970er-Jahre hatte der spätere Nobelpreisträger Paul Lauterbur herausgefunden, wie man mithilfe der Kernspinresonanz zweidimensionale Bilder erzeugen kann. Damals gab es jedoch noch keine Geräte, mit denen sich dieses Verfahren für eine breite Anwendung hätte nutzen lassen.

Hier konnte man also Pionierarbeit leisten – und das reizte den Göttinger Nachwuchsforscher. Frahm bekam die Chance, als wissenschaftlicher Assistent am Max-Planck-Institut eine eigenständige Forschergruppe aufzubauen. 1982 wurde er Leiter der neuen Arbeitsgruppe Biomedizinische NMR und musste als Erstes gegen unflexible Strukturen in der Forschungsförderung ankämpfen: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) lehnte seinen Antrag, ein geeignetes Gerät zu beschaffen, ab. „Die konnten mit dem Thema Magnetresonanz-Bildgebung zunächst gar nichts anfangen“, erzählt Frahm.

Nur dem Einsatz eines Mitarbeiters aus dem Bundesforschungsministerium sei es zu verdanken, dass das Projekt etwas später dennoch starten konnte. Die Göttinger Wissenschaftler entwickelten rasch ein Verfahren, das sie FLASH (FastLow-Angle-Shot) nannten. Die Technologie brachte für die breite Anwendung der bildgebenden Magnetresonanztomografie in der medizinischen Diagnostik den Durchbruch. Bis dahin waren die Messungen sehr langsam, eine einzelne Schichtaufnahme dauerte mehrere Minuten. Mit FLASH konnte man in wenigen Sekunden Schichtbilder herstellen, erstmals wurden auch dreidimensionale Aufnahmen mit höchster räumlicher Auflösung in Messzeiten von wenigen Minuten möglich. Heute finden damit jährlich weltweit 100 Millionen Untersuchungen statt. FLASH ist das bislang erfolgreichste Patent der Max-Planck-Gesellschaft.

Mit den 160 Millionen Euro Lizenzeinnahmen wurde unter anderem die gesamte Forschung der 1993 gegründeten gemeinnützigen Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH finanziert. Inzwischen hat Frahm mit seiner Forschergruppe einen weiteren Coup gelandet: Mit der neu entwickelten Echtzeit-MRT lassen sich erstmals Filme aus dem Inneren des Körpers mit höchster zeitlicher Auflösung aufnehmen. Die Universitätsmedizin Göttingen ist einer der Standorte, an denen die neue Technologie derzeit für den klinischen Einsatz erprobt wird. Für die Mediziner ergeben sich ganz neue diagnostische Möglichkeiten, weil sie erstmals Gelenk- oder Sprechbewegungen, Schluckvorgänge oder das schlagende Herz live beobachten können. Frahm freut sich, dass seine Forschung direkt den Patienten zugutekommt. Dieser Aspekt ist ihm wichtig: „Das ist eine ganz starke Motivation für unsere Arbeit. Wir machen keine Publikationen für die Schublade.“

Trotzdem ist die Liste seiner Veröffentlichungen lang, mittlerweile umfasst sie mehr als 460 wissenschaftliche Beiträge. Frahm geht aber nicht nur seiner Forscherneugierde nach, sondern engagiert sich seit vielen Jahren auch für den Wissenschaftsstandort Göttingen. Er ist unter anderem Geschäftsführer des Universitätsbundes sowie Vorstandsmitglied des Alumni- Vereins und der Privaten Stiftung der Georg-August-Universität. Vor allem aber ist Jens Frahm ein leidenschaftlicher Basketball-Fan. Er hat seit vielen Jahren eine Dauerkarte der BG und besucht so gut wie jedes Heimspiel.„Ich bin damals durch meinen Sohn zum Basketball gekommen, der erst beim ASC spielte und dann als Student in Oxford englischer College-Meister wurde“, erzählt er.

Frahm war so fasziniert, dass er seit 20 Jahren selbst auf Korbjagd geht. „Wir waren zuletzt Dritter bei den deutschen Meisterschaften in der Ü-65-Gruppe und vor ein paar Jahren Vizemeister in der Ü-60-Gruppe“, sagt er stolz. Zwei große Ziele möchte er gerne noch erreichen: „Die Echtzeit-MRT für die breite klinische Anwendung nutzbar machen und einmal Deutscher Meister im Basketball werden.“

Foto: Alciro Theodoro da Silva
Zur Person
Jens Frahm wurde 1951 in Oldenburg geboren. Er studierte von 1969 bis 1974 an der Georg-August-Universität Göttingen Physik und promovierte anschließend in seinem Hauptfach Physikalische Chemie. Heute ist er an der Universität als Professor in diesem Fachgebiet tätig und Experte für Magnetresonanztomografie (MRT), ihre methodischen Entwicklungen und Anwendungen – und für die Echtzeit-MRT. Dank der von ihm erfundenen FLASH-Technologie ist die MRT heute das bedeutendste bildgebende Verfahren in der klinischen Diagnostik und weltweit im Einsatz.
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