Kinder, Kinder!
Flexibel, familiennah und vielseitig – die Kindertagespflege Göttingen bietet ein Rundum-Sorglos-Paket für Eltern und Unternehmen.
Höchst konzentriert ,arbeitet‘ der fünfjährige Paul an seinem Ziegel. Aus matschigem Lehm formt er einen Stein, aus dem später ein indianisches Langhaus werden soll. Währenddessen lässt sich seine große Schwester Hannah – mit Schutzhandschuhen ausgerüstet – den Umgang mit dem Schnitzmesser erklären, weil sie ein Totem schnitzen will. Eine Woche lang sind die Geschwister auf Gut Herbigshagen als ,Indianer‘ unterwegs. Dort erfahren sie unter Anleitung des Umweltbildners Romulo Aramayo Schenk, wie Lakota-, Algonquin- und Pueblo- Indianer gelebt haben. Der Fünfjährige und seine achtjährige Schwester sind Teilnehmer eines betriebsnahen Ferienprogramms des Kindertagespflege Göttingen e. V.
Entstanden ist die Idee für die Programme, die im Unternehmensverbund durchgeführt werden, im Göttinger Bündnis für Familien. Ausgelöst durch eine Anfrage der Unternehmen Sartorius und Mahr. Sie suchten nach einer Möglichkeit, ihre Beschäftigten in den Ferienzeiten bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. 2013 fiel der Startschuss. Inzwischen bietet der Verein acht Programme für Kinder im Alter von vier bis 14 Jahren an. Zum Netzwerk gehören neben den genannten Unternehmen die Zufall logistics group, die Georg-August-Universität und die Universitätsmedizin Göttingen.
Die Programme finanzieren sich über einen Eltern- und einen Unternehmensanteil. „Ohne diese Beteiligung wäre das nicht öffentlich geförderte Angebot nicht realisierbar“, erläutert Simone Taschemski, Projektleitung der Ferien-Kids-Programme. „Kooperationen und der Unternehmensverbund sind unsere gemeinsame Win-win- Formel für das familienfreundliche Angebot, mit dem die Betriebe qualifizierte Mitarbeiter binden.“ Eine ganztägige Betreuung für Geschwister ab vier Jahren, qualifizierte Kinderbetreuer, ein besonders hoher Betreuungsschlüssel, Themenschwerpunkte mit pädagogischer Anleitung, ein Fahrdienst und ein warmes Mittagessen – all dies gehöre zum Rundum-Sorglos-Paket für Eltern und Kinder.
Dem Ziel der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie widmet sich der Verein seit über 15 Jahren – inzwischen mit drei Geschäftsbereichen. Der erste, die Kindertagespflegebörse Göttingen, entstand 2001 aus einem EU-Projekt der Volkshochschule im Rahmen des Wiedereinstiegs für Frauen nach der Familienphase. Die Geschäftsführerinnen Susanne Rieks und Ute Krüger gründeten ihr Kerngeschäft zur Qualifizierung und Vermittlung von Tagesmüttern und Tagesvätern. Als freier Träger der Jugendhilfe, im Auftrag der Stadt Göttingen und durch diese gefördert, werden hier seitdem Eltern und Tageseltern beraten sowie Tagesmütter und -väter pädagogisch begleitet und weiter gebildet. 2004 kam als zweiter Bereich das Niedersächsische Kindertagespflegebüro hinzu, ab 2005 übernahm der neu gegründete Verein Kindertagespflege Göttingen e. V. die Trägerschaft. Rieks ist stolz auf das Portfolio des Vereins: „Wir verfügen über ein hochwertiges und gut vernetztes Betreuungsangebot und konnten bereits über 3.000 Tagespflegeverhältnisse vermitteln.“
Die Fachkompetenz ihres Teams ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt: Eine Säule des Vereins, das Niedersächsische Kindertagespflegebüro, fungiert auch als landesweite Servicestelle, die Fachkräfte berät und Fortbildungen sowie Netzwerkaktivitäten anbietet. Neben den 19 Mitarbeitern sind inzwischen über 80 zertifizierte Tagespflegepersonen im Stadtgebiet Göttingen an den Verein angebunden.
Schon seit 16 Jahren können nur geschulte und geprüfte Betreuer in die Kindertagespflege einsteigen. Sie müssen einen 160-stündigen Volkshochschulkurs absolvieren und sich ständig weiterbilden. Zu dem wird das Lebensumfeld der Kandidaten vom Jugendamt überprüft. So können Eltern, die eine Betreuung suchen, sicher sein, dass sich kompetente und zuverlässige Tagesmütter und -väter um ihre Kinder kümmern. „Früher galt Kindertagespflege als etwas besseres Babysitting“, erzählt Simone Taschemski (Foto, l.), die auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. „Das passt nicht zu den heutigen Ansprüchen. Dank der Professionalisierung können wir auf die Wünsche der Eltern angemessen eingehen.“
Damit sich dieser Aufwand auch für die Tagespflegepersonen lohnt, konnte die Bezahlung in den vergangenen Jahren stetig angehoben werden: So erhalten die Tagesmütter und -väter beziehungsweise die Erzieher pro Kind und Stunde zwischen 5 und 6,50 Euro. Bei Gruppen von im Durchschnitt drei bis maximal fünf Kindern kommen für die selbstständig arbeitenden Fachkräfte zwar keine Reichtümer zusammen, doch eine Steigerung ist durchaus erkennbar. „Nicht zu unterschätzen ist auch der soziale Faktor für beide Seiten: Kinder, Eltern und Tagespflegeeltern entwickeln häufig ein sehr enges Verhältnis. Es sind daraus sogar schon Patenschaften entstanden“, betont Susanne Rieks (r.).
In der Öffentlichkeit darf sich die gute Betreuungsqualität gern noch weiter herumsprechen, bekräftigt Taschemski. Sie kümmert sich zudem auch federführend um die eingangs erwähnte dritte Säule des Vereins: die vor acht Jahren eingeführten betrieblichen Kooperationen. Die immer komplexere Arbeitswelt zwingt viele Eltern dazu, flexible Betreuungslösungen zu finden. Seit Anfang der 2000er-Jahre kooperieren die Kindertagespflegebörse und die Universitätsmedizin Göttingen sowie etwas später auch die Georg-August- Universität Göttingen: Angebote wie die Notfallbetreuung bei Ausfall der regulären Betreuung oder eine veranstaltungsbegleitende Kinderbetreuung während Fortbildungen entlasten Eltern spürbar.
Bei diesen Kooperationen kommen des öfteren Studenten der Universität zum Einsatz, die allesamt mindestens einen 30-stündigen Babysitterkurs belegt habe müssen. Interessanterweise ist unter den Studenten der Männeranteil deutlich höher als bei den ausgebildeten Tagespflegeeltern, bei denen nur fünf der 80 betreuen den Personen Männer sind. Dank der neu geregelten Eltern zeit sei eine Zunahme des männlichen Interesses an der aktiven Beteiligung an der Erziehung erkennbar.
Und so kommt es immer häufiger dazu, dass sich ein Tagespflegevater um die Betreuung von Kindern wie Hannah oder Paul kümmert. Es kann sicher nur von Vorteil sein, wenn die Kinder verschiedene Ansätze von Alltagsbildung kennenlernen …
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Kindertagespflegebörse Göttingen
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