Mit ihrem einzigartigen Konzept von fairer Hochzeitsmode sorgt Julia Schwarz in ihrer ,Boutique LIEBE‘ auf Burg Scharfenstein für nachhaltige Momente – und schafft es damit in ein beliebtes TV-Format.
An der Wand des großen, lichtdurchfluteten Saals auf der Burg Scharfenstein oberhalb von Beuren im tiefsten Eichsfeld hängt ein Bild, das optisch so gar nicht in das Ambiente aus Romantik, Mittelalter und Gefühlswelt passt. Es ist ein Selbstporträt von Udo Lindenberg, unterzeichnet vom Panikrocker selbst mit seinem markanten ,Ich mach’ mein Ding‘. Inhaltlich wiederum trifft es voll ins Schwarze. Denn diejenige, bei der es nur ums Weiße geht, macht genau das: ihr Ding.
Nachhaltig am schönsten Tag im Leben
Julia Schwarz ist heute ein Unikat in der Modebranche. Speziell: in der Hochzeitsmodenbranche, in der sie seit 2017 tätig ist. Denn in ihrer ,Boutique LIEBE‘ verkauft sie ausschließlich nachhaltige Bekleidung für den womöglich schönsten Tag im Leben. Ein Konzept, das so in Deutschland bislang einzigartig ist. Es war ein Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit im Privatleben, der die Katlenburgerin vor zwei Jahren zu diesem entscheidenden Punkt brachte. „Ich war da lange genug im Geschäft, um beurteilen zu können, dass ich mich mit der Art und Weise nicht identifizieren kann, wie dort gearbeitet wird“, erzählt Schwarz voller Überzeugung. „Es lässt sich mit meinen Werten nicht vereinbaren, wie konventionelle Brautmode produziert, verarbeitet und vertrieben wird.“ Und so entschloss sich Schwarz, die zuvor bereits ein Architekturstudium in Kassel sowie eine Lehre zur Bankkauffrau in Osterode absolviert hatte, zu dem mutigen Schritt in die Selbstständigkeit. Ihr verwegener Plan: das Handwerk vor Ort zu stärken, indem sämtliche, aber auch wirklich sämtliche Kleidung lokal hergestellt wird. Und Material zu beschaffen, das zu 100 Prozent organisch und mitunter sogar recycelt ist – selbst die Bügel sind aus gepresstem Gras mit wiederverwertetem Kunststoff. Um ihre Kunden zu binden, setzte die Unternehmerin zudem auf persönliche Nähe.
Es ist im übrigen ihr Mann, der, so klischeehaft und kitschig das klingen mag, für das wohlige Gefühl sorgt, in der LIEBE das zu finden, was außen draufsteht. Die beiden 33-Jährigen sind seit 20 Jahren ein Paar, seit zwei Jahren verheiratet. Und wenngleich Matthias Schwarz betont, mit der Boutique nichts zu tun zu haben, und diese schließlich in den Händen seiner „wunderbaren Frau“ liege, ist er häufig zugegen. Und dann strahlt er, wenn seine Julia von der Verwirklichung ihres Traums spricht, herzt sie voller Zärtlichkeit. Ohne jegliche Ironie: Die beiden beweisen jedem Brautpaar in spe, dass wahre Liebe nicht illusorisch ist.
Schnell in der Umsetzung
Genug geschmachtet, lieber gewerkelt. Denn eben dies stand bald auf dem Plan, nachdem das Ehepaar sich damals auf der Panorama-Terrasse der Burg Scharfenstein das Ja-Wort gab. Dort fanden sie heraus, dass die Räumlichkeiten in den alten Gemäuern, in der sich die LIEBE heute befindet, bis dato weitgehend ungenutzt waren. Schnell war die Idee geboren. Zusammen mit den inzwischen befreundeten Hoteliers Martin Henning und Lisa Bonda, die das Burghotel seit 2019 führen, sowie tatkräftiger Unterstützung von Familie und Freunden machten sich die Frischvermählten sogleich an die Arbeit, um das Hochzeitsatelier weitgehend in Eigenregie herzurichten. Bereits wenige Wochen später, im Oktober 2020, eröffnete Julia Schwarz ihre Traumfabrik. Fast so schnell, wie ihre Kleider hergestellt werden. Da ausschließlich in Deutschland produziert wird, dauert es nur gut acht Wochen, bis die Braut in ihrem Kleid steckt. Die konventionelle Industrie benötigt sechs bis zwölf Monate dafür. Nichts wird auf Vorrat geschneidert, jedes Werk ist ein Einzelstück, bei dem die Maße berücksichtigt werden. Die Wiedertragbarkeit der Hochzeitsmode ist der Gründerin eine Herzensangelegenheit. „Die schönen Stücke sind einfach zu schade, um sie nach dem großen Tag im Schrank verstauben zu lassen“, sagt Schwarz mit Nachdruck. „Darum stehe ich auch gern noch nach der Hochzeit mit Rat und Tat zur Seite, wie Braut und Bräutigam ihre Outfits alltagstauglich machen können.“ Die Kleider könnten beispielsweise als Zweiteiler zu anderen Anlässen weitergetragen werden.
Besondere Stücke auf dem Scharfenstein
Die Kreationen sind so attraktiv wie ausgefallen. Da wäre ein Rock, der aus recycelten PET-Flaschen und zertifizierter Baumwolle gefertigt ist. Oder Stoffe, die aus einem Garn sind, das wiederum aus Müll besteht, der aus dem Meer gefischt wurde. „Ein besonders schönes Kleid war in seinem früheren Leben drei Kilo Meeresmüll“, erzählt Schwarz, die eng mit einer Schneiderin aus Hannover zusammenarbeitet. Was die Kosten betrifft, räumt die Chefin zudem einen Mythos beiseite. „Dass nachhaltige, in Deutschland hergestellte Mode teurer ist, stimmt schlicht nicht.“ 1.400 bis 1.800 Euro kostet im Schnitt ein Kleid in der LIEBE, 1.500 bis 1.700 Euro anderswo. Dabei verkommt der Kauf keineswegs zur One-Woman-Show. Der Bräutigam kann sich in die nachhaltige Linie des Herrenausstatters Wilvorst hüllen, die bis zum vergangenen Jahr noch in Northeim produziert wurde. Mittlerweile befindet sich die Fabrik in Bulgarien. Schwarz hat sich vor Ort darüber informiert, dass auch dort nach vertretbaren Richtlinien gefertigt wird. Noch viel spannender für den künftigen Ringträger dürften allerdings die Accessoires sein, die auf der Burg präsentiert werden. Und wen wundert es, dass auch hier die Wege wieder kurz sind?
Aus alten Whisykey-Fässern, in denen der edle, auf dem Scharfenstein gebrannte ,Nine Springs‘-Tropfen lagerte, werden in Scharzfeld im Harz Ketten, Fliegen, Manschettenknöpfe und Gürtel gemacht. Wer auf dem Scharfenstein heiratet – und das machen viele der Kunden –, kann dies also mit einem eigenen Stück Burg tun. Sich für die Hochzeit einzudecken, ist bei Schwarz ein echtes Happening. Zum Termin wird die Tür verschlossen, einzig die Liebsten dürfen anwesend sein. Mit einer Ausnahme: Denn, wenn wir schon bei den kurzen Wegen sind, das Restaurant des Burghotels bringt auf Wunsch Canapés für ein Picknick vorbei. Der nette Vorteil für die Kunden, die aus ganz Deutschland kommen, liegt darin, dass sie gleich das ganze Wochenende auf der idyllischen Burg verbringen können. Und auch dem Alter sind keine Grenzen gesetzt. „Kürzlich hatte ich eine 75-jährige Dame zu Besuch, die sich zur Goldenen Hochzeit einkleiden wollte“, erzählt die Geschäftsfrau und lächelt versonnen. „Das war sehr rührend.“ Nach erfolgreichem Abschluss endet der Tag in der Boutique LIEBE dann stets mit einem Glas Champagner und atmosphärischer Musik. Auf Wunsch sicher auch von Udo Lindenberg. Der spezielle Ansatz von Julia Schwarz ist übrigens schon längst kein Geheimtipp mehr – inzwischen ist sie auch einem breiteren Publikum bekannt: Die VOX-Serie ,Zwischen Tüll und Tränen‘ hat sie bereits in mehreren Folgen bei ihrer einfühlsamen Arbeit begleitet – zu sehen beim Streamingdienst von RTL+ Premium. ƒ