Eine wahre Geschichte

Laura L. ist 32 Jahre jung, sie ist seit vier Jahren verheiratet. Das Paar hat einen zweijährigen Sohn. Sie fühlen sich in ihrer ­Wohnung am Stadtrand und mit ihrer gesamten Lebenssitua­tion sehr wohl. Eines Morgens tastet Laura in ihrer linken Brust eine Verhärtung. Aus der Zeit, als sie noch gestillt hat, kennt sie verhärtete Areale, die sich jedoch immer wieder zurückgebildet haben. Sie beschließt, die nächste Regel abzuwarten. Doch auch in den nächsten Wochen verschwindet die Verhärtung nicht. Ängste steigen in der jungen Frau auf. Zwar hat niemand in ihrer Familie je einen Brust­tumor gehabt, aber wenn sie nun doch …

Laura holt sich einen Termin bei ihrer Gynäkologin, die eine Ultraschalluntersuchung durchführt. „Unklarer Tumor, der weiter abgeklärt werden muss“, lautet das Ergebnis. Es folgt eine Gewebeentnahme aus der Ver­härtung. Die Wartezeit, bis das Ergebnis da ist, ist für Laura kaum zu ertragen. Und dann am nächsten Tag die Bewahrheitung ihrer schlimmsten ­Befürchtungen. Ja, es ist Brustkrebs. Eine besonders aggressive Form sogar. 3,4 Zentimeter groß. Für Laura bricht eine Welt zusammen.

In Deutschland erkranken jährlich etwa 70.000 Frauen an Brustkrebs. Damit stellt diese Tumorform den häufigsten bösartigen Tumor der Frauen in der westlichen Welt dar. Der Altersgipfel von Brustkrebs liegt zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr. Aber: Es gibt auch schon wesentlich früher – bei Frauen zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr – eine erste auffällige Häufung von Brustkrebs. Dies betrifft sogenannte ,Genträgerinnen‘, bei denen ein Defekt in bestimmten Genabschnitten vorliegt. Die häufigsten hiervon sind als BRCA1 und BRCA2 bekannt, wobei BR für Brust und CA für Cancer, also Krebs, steht. Diese Gendefekte werden autosomal dominant vererbt. Das Risiko, einen solchen Defekt von Mutter oder Vater vererbt zu bekommen, beträgt daher 50 Prozent – ja, auch Väter können einen entsprechenden Gendefekt weitergeben. Von Frauen, bei denen ein solcher Gen­defekt vorliegt, erkranken 60 bis 80 Prozent in ihrem Leben an Brustkrebs. Und auch das Risiko für Eierstockkrebs ist deutlich erhöht.

Neben der Tatsache, dass die BRCA-Trägerinnen sehr jung erkranken, kommen noch weitere Besonderheiten beim genetisch vererbten Brustkrebs hinzu: Wie bei Laura geschehen kann es sein, dass bei Mutter oder Großmüttern bisher kein Brustkrebs auftrat und der Gendefekt offensichtlich spontan auftritt. Bei den meisten Frauen ist allerdings eine Häufung an Brust- und/oder Eierstockkrebs in der Familie bekannt. Typischerweise sind die Betroffenen ebenfalls jeweils sehr jung erkrankt. Brustkrebs bei BRCA-Trägerinnen ist oft aggressiv, schnellwachsend und gegenüber einzelnen Medikamenten resistent. Die Behandlung schließt daher neben einer Operation und Bestrahlung eine Chemotherapie ein.

Doch wie bekommt frau heraus, ob bei ihr eine Hochrisikokonstellation für die Entstehung von Brust- oder Eierstockkrebs vorliegt? Eine entsprechende Beratung ist immer dann sinnvoll, wenn im eigenen familiären Stammbaum auffällig viele Personen in jungem Alter an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind. Dann kann eine Beratung im sogenannten ,Deutschen Konsortium. Familiärer Brust- und Eierstockkrebs‘ erfolgen. Oder auch in Praxen, die schwerpunktmäßig auf Brustkrebs ausgerichtet sind. Hierbei geht es dann darum, das persönliche Erkrankungsrisiko für Brustkrebs zu kalkulieren. Liegt das Lebenszeitrisiko über 30 Prozent, so liegt bei der entsprechenden Frau ein definiertes Hochrisikoprofil vor. Eine Testung auf einen BRCA1- oder BRCA2-Gendefekt kann dann sinnvoll sein.

Liegt eine Hochrisikokonstellation vor, wird der beratende Arzt nach nationaler Leitlinie über folgende Vorgehensweisen aufklären: Es besteht die Möglichkeit einer beidseitigen Brustentfernung mit anschließendem Wiederaufbau der Brust (primäre Prävention). Und auch die beidseitige Eierstockentfernung ist zu besprechen. Diese Vorgehensweise führt zu einer Senkung des Brustkrebsrisikos auf drei bis fünf Prozent. Diese Behandlungsoption kommt allerdings nur für einen Teil der Betroffenen in Betracht. Hier spielen das eigene Alter, Zweierbeziehung, Kinderwunsch und sehr viele andere Aspekte eine große Rolle. Die Alternative zur operativen Vorgehensweise ist die sogenannte ,Intensivierte Brustkrebsfrüherkennung‘, bei der bereits ab dem 25. Lebensjahr regelmäßige bildgebende Untersuchungen der Brust erfolgen (sekundäre Prävention). Zahlreiche Studien hierzu belegen, dass im Rahmen der intensivierten Diagnostik der jährliche Einsatz der Mamma-MRT ein entscheidender Stellenwert zukommt, da allein mit diesem Verfahren über 95 Prozent der Karzinome früh erkannt werden. Abtasten und Ultraschall spielen für die Früh­erkennung indes keine Rolle. Bleibt noch die Röntgenmammo­graphie, die jedoch bei jungen Frauen unter 40 und
insbesondere bei Gendefektträgerinnen primär nicht eingesetzt werden sollte.

Und Laura? Sie hat die Chemotherapie einigermaßen gut überstanden. Nächste Woche folgt die OP, danach die Bestrahlungsbehandlung. Es wird noch viele Monate dauern, bis sich auch für sie wieder so etwas wie Normalität einspielt. Drücken wir ihr hierfür die Daumen.

Weitere Infos und Beratung zum Thema Brustkrebs:

Diagnostisches Brustzentrum Göttingen
Tel. 0551 820740
www.brustzentrum-goettingen.de
www.konsortium-familiaerer-brustkrebs.de

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