Peter Bruchmüller und Claus-Henrik Schneider, beide aktiv in den Vorständen von ,Die Familienunternehmer‘ und ,Die Jungen Unternehmer‘, sprechen in der faktor-Redaktion über die nötige Flexibilität im Umgang mit der kommenden Generation sowie über Ansätze, die Unternehmensnachfolge nachhaltig zu regeln.

Familiengeführte Unternehmen sind Teil des klassischen deutschen Mittelstands. Dieser wird von Politik und Funktionären gerne als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet. Hier sammeln sich international tätige Hightech- Spezialisten und Hidden Champions bis hin zu Handwerksbetrieben und Logistikern – das Feld der Unternehmen ist sehr heterogen. Verschiedene Verbände wie der Bund der Selbstständigen oder ,Die Familien Unternehmer‘ leisten partei unabhängig Lobbyarbeit für den Mittelstand.

Wichtige politische Positionen des Verbands ,Die Familienunternehmer‘ sind unter anderem gegen Regulierung von Zeitarbeit und den Mindestlohn gerichtet, für mehr Wettbewerb im Bildungssystem, gegen staatliche Schuldenpolitik und Bankenrettung. Als die drei großen Baustellen des Jahres 2018 identifizierte der Verband die Themen Fachkräftemangel, Verkrustung des Arbeitsrechts und den Anstieg der
Sozialabgaben.

Peter Bruchmüller und Claus-Henrik Schneider, die Regionalvorsitzenden der Verbände ,Die Familienunternehmer‘ und ,Die Jungen Unternehmer‘ in Südniedersachsen, haben sich vorgenommen, ihre Verbände aktiver zu gestalten und sich stärker in den regionalen Dialog einzubringen, um die für sie drängenden Themen stärker mitzugestalten.

Herr Bruchmüller, Herr Schneider, wie arbeiten Ihre beiden Verbände ,Die Familien unternehmer‘ und ,Die Jungen Unternehmer‘ zusammen?

Schneider: Die Abstimmung ist sehr eng. Wir machen alle Veranstaltungen zusammen, haben gemeinsame Vorstandssitzungen und dieselbe Agenda. Einmal monatlich treffen wir uns zum Beispiel zu unseren Stammtischen und tauschen uns über die aktuellen Themen aus, die uns jeweils betreffen.

Bruchmüller: Dass ,Die Jungen Unternehmer‘ und ,Die Familienunternehmer‘ hier alles gemeinsam machen, ist in anderen Regionalkreisen des Verbands anders. Wir haben in Göttingen im Augenblick leider das Problem, dass es zu wenige Nachfolger im jüngeren Bereich gibt. Wir sind dort aktuell etwa 15, bei ,Die Familienunternehmer‘ sind es rund 65 Mitglieder.

Schneider: Das ist für uns natürlich eine große Herausforderung, gerade für ,Die Jungen Unternehmer‘ neue Mitglieder zu gewinnen. Deshalb wollen wir künftig unsere regionale Sichtbarkeit erhöhen, denn ich glaube, dass viele einfach gar nicht wissen, dass es den Verband gibt und welche Vorteile mit einer Mitgliedschaft verbunden sind.

Welche Vorteile sehen Sie denn für sich persönlich?

Bruchmüller: Was ich von Anfang an geschätzt habe, ist die offene Art, wie wir untereinander zum Beispiel über Probleme im Unternehmen reden, über Fortbildungen für Mitarbeiter, Vertragsangelegenheiten oder eben auch über Schwierigkeiten, die einem mit Beginn der Selbstständigkeit begegnen. Und man weiß, dass es vertraulich in diesem Kreis bleibt. Das finde ich in diesem Verband einmalig – andere Verbände sind hingegen stärker vertriebsorientiert, es geht darum, Geschäfte zu machen. Das steht bei uns nicht im Vordergrund, sondern eben der Austausch auf Augenhöhe und dass der Verband sich politisch engagiert. Letzteres haben wir in den vergangenen Jahren aber hier vor Ort zu wenig gemacht. Das wollen wir künftig ändern und stärker den Dialog mit der Politik suchen.

Schneider: In unserem stressigen Arbeitsalltag haben wir Unternehmer in der Regel sehr wenig Freizeit, und da fällt es manchmal sogar schwer, sich einmal im Monat die Zeit freizuschaufeln, um zu den Verbandstreffen zu gehen. Aber wenn man erst einmal da ist, das war meine Erfahrung, hat es sich jedes Mal gelohnt, und man nimmt für sich etwas mit. Hinzu kommen auch noch die Vorträge, die wir vor Ort organisieren – etwa zum Thema Cyberkriminalität – sowie die überregionalen Events, die der Verband zentral organisiert, und nicht zuletzt auch lockere Events wie die GT Nightlounge, die wir unterstützt haben.

Wo bestehen denn aus Ihrer Sicht die größten Handlungsbedarfe für Familienunternehmen?

Schneider: Eine der größten Herausforderungen ist natürlich, in dieser Region Mitarbeiter für das Unternehmen anzuwerben. Zu dem Thema hatten wir ebenfalls im Frühjahr einen Vortrag, der uns alle durchgerüttelt hat. Es gab viele neue Denkanstöße zum Thema Modernisierung und Generationenwechsel, etwa die Anpassung durch flexible Arbeitszeitmodelle. Das ist natürlich nicht in jedem Berufsfeld einfach. Im IT-Bereich ist das sicher leichter als bei einem klassischen Bauträger – auf der Baustelle wird weiterhin morgens um sieben Uhr Anwesenheitspflicht sein.

Gibt es denn diese Bereitschaft zum Wandel in den Unternehmen?

Bruchmüller: Das ist ein zentrales Thema, das im Verband viel diskutiert wird. Ich habe für mich viele Schlüsse daraus gezogen. Wir gehen als Unternehmer zum Beispiel selbst in die Schulen und Hochschulen rein, zeigen Präsenz und halten Vorträge, wie es in der Praxis aussieht und welche Entwicklungsmöglichkeiten es gibt. Wenn man dann Schüler vor sich hat, die nach 2000 geboren wurden, ist das lehrreich, man nimmt durch den Dialog viel mit. Ich will ja auch hören, was die denken, und auf sie zugehen, zum Beispiel durch eine höhere Flexibilität der Arbeitszeiten oder Freizeitangebote für die Mitarbeiter. Geld ist nicht alles. Wenn man der jungen Generation mehr Freiräume lässt, kommen auch gute Ergebnisse dabei raus. Ich habe zwei neue Auszubildende, die natürlich angeleitet werden, die aber bei der Umsetzung mehr Gestaltungsraum bekommen.

Schneider: Dem kann ich zustimmen. Wir müssen uns wieder mehr auf die Ausbildung fokussieren und ihr Image verbessern. Das geht über mehr Flexibilität, aber ich würde auch den monetären Ansatz sehen – dass man gerade auch die Löhne im Handwerk anpasst. Oder mit Provisionen arbeitet, die gute Leistungen zusätzlich honorieren.

Das Thema Unternehmensnachfolge wird immer wieder als ein drängendes Problem dargestellt. Wie lief das bei Ihnen persönlich?

Bruchmüller: Ich erlebe das gerade selbst. Die früheren Geschäftsführer/Gesellschafter sind in diesem Jahr in Rente gegangen und haben mich langfristig herangezogen. Ich habe jetzt dieselbe Aufgabe, ich muss Mitarbeiter heranziehen, um das eines Tages zu übernehmen, weil es sich aus meiner Familie heraus im Augenblick nicht abzeichnet. Das ist eine Aufgabe, sich früh genug darum zu kümmern.

Schneider: Da kommt das Generationsproblem ins Spiel. Die Leidensbereitschaft der möglichen Nachfolger nimmt ab. Statt den nächsten Karriereschritt zu machen, ist es ihnen wichtiger, um sechs Uhr Schluss zu machen und Zeit für die Familie zu haben. In Familienunternehmen geht das aber nicht. Es wird am Wochenende, spätabends und frühmorgens gearbeitet. Daran scheitern heute viele Unternehmensnachfolgen innerhalb der Familie. Bei uns wusste ich, was auf mich zukommt – und die Bereitschaft ist da und es funktioniert gut.

Wenn die Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie geplant ist, würde ich vorab ein Arbeiten außerhalb des eigenen Unternehmens empfehlen. Nach meinem Studium habe ich zum Beispiel acht Jahre im Ausland gearbeitet. Zuerst in China bei einem großen Automobilkonzern, dann in Brasilien als Geschäftsführer eines Plastikunternehmens. Dort konnte ich genügend Erfahrung sammeln und diese auch heute im eigenen Unternehmen integrieren.

Gibt es noch andere drängende Themen?

Bruchmüller: Die Datenschutzgrundverordnung ist so eines, weil sie im Arbeitsalltag in vielen Bereichen an der Realität vorbeigeht. Man muss sich weiterbilden und in etwas einarbeiten, das für das alltägliche Geschäft keinen Nutzen hat und hohe Kosten verursacht, weil man Experten bezahlen muss oder in neue Technik investieren muss.

Schneider: Die DSGVO ist vermutlich mit Blick auf Google und Facebook eingeführt worden, aber wir als Mittelstand müssen es ausbaden. Wir können nicht einfach mal eben eine Person abstellen, welche sich nur um Datenschutz kümmert. Hier ist es wieder hilfreich, auf den Erfahrungsaustausch im Verband zurückzugreifen. Auch zu diesem Thema wurde und wird weiterhin bei unseren Treffen viel diskutiert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Foto: Alciro Theodoro da Silva
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