Gründer müssen auf den heißen Herd packen

Unternehmer, Investor und Mentor Johannes Loxen über eigene schwere Fehler als Gründer und die Frage, wie sich ,alte Hasen ‘ bei Start-ups sinnvoll engagieren können

Keine Angst vor Gründungen – und: keine Angst vor Gründern! Göttingen hat es in den vergangenen Jahren geschafft, tatsächlich den Funken einer Gründungsdynamik zu entfachen. Immer mehr junge Menschen wagen den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit. Helfende Hände sind dabei gern gesehen. Sogenannte Business Angel sind im Trend. Menschen, die sich finanziell an Unternehmen beteiligen und gleichzeitig die Existenzgründer mit Know­how und Kontakten in einer typischerweise sehr frühen Phase unterstützen.

Einer, der diese Thematik aus verschiedenen Blickwinkeln kennt, ist Johannes Loxen, Geschäftsführer der SerNet GmbH in Göttingen. Er hat vor gut 20 Jahren nach der Uni selbst das Wagnis Start­-up auf sich genommen, hatte Erfolg, ist inzwischen fest am Markt etabliert. Dabei hat er das Thema Start-­ups aber nie ganz aus den Augen verloren. Heute gibt er seine Erfahrungen an andere weiter und sieht auch viele Vorzüge darin – nicht zuletzt, weil er sich dadurch ein Stück weit selbst wieder wie ein Gründer fühlt. Und die Gründer von heute nehmen das auch dankbar an.

Herr Dr. Loxen, Sie haben sich bereits vor über 20 Jahren mit ihrem ersten IT­Unternehmen SerNet selbstständig gemacht – welche Gründungsunterstützung hatten die Stadt und die Universität damals zu bieten?

Es gab nichts. Die Universität war ein reiner Elfenbeinturm. Das hat sich erst unter der Präsidentschaft von Ulrike Beisiegel deutlich gebessert – bis dahin hatten die Universitäten viel Wert drauf gelegt, eher wenig mit Wirtschaft zu tun zu haben. Die Stadt Göttingen hat sich ebenfalls sehr stark auf die Wissenschaft konzentriert. Bei der IHK hieß es: Das geht nicht so einfach, und das Geschäftsfeld klappt doch sowieso nicht. Was wir hatten, waren ein guter Steuerberater und eine gute juristische Unterstützung. Wir haben damals viele Fehler gemacht, auch schwere Fehler. Dass es uns noch gibt, ist daher auch Glückssache.

Was waren ihre klassischen Fehler?

Nicht die richtige Geldmenge zur richtigen Zeit auf dem Konto zu haben. Das Zweite waren jede Menge Planungsfehler. Man hat ja keine Ahnung, was funktioniert und was nicht – man bilanziert gerne auch mal Hoffnungen.

Und wie bewerten Sie heute, 20 Jahre später, die Gründungsunterstützung in der Region?

Im Moment haben wir ein sich ganz schnell entwickelndes Angebot. Ich habe inzwischen nicht mehr den Eindruck, dass noch etwas Grundlegendes fehlt. Wichtig ist, dass wir jetzt auf Kontinuität achten. Die Sachen, die gut laufen, müssen fortgeführt werden. Da kann man nur an die Verantwortlichen appellieren, dass nicht in Gründungsförderzyklen gedacht wird und man nach fünf Jahren sagt: Bislang haben wir das gemacht, jetzt machen wir mal etwas anderes. Das geht so nicht. Man muss erfolgreiche Initiativen durch ihre Entwicklungsphasen schieben und weiterentwickeln. Wenn etwas nicht gut läuft, muss man es natürlich einstellen, aber man darf nicht sagen: Die Förderung ist alle, wir hören jetzt auf. Das ist tödlich. In der Region wurden so viele Sachen angeschoben, die muss man jetzt am Leben erhalten.

Heute unterstützen Sie selbst Start­ups – in welcher Form?

Es gibt verschiedene Aktivitäten an der Uni, ich selbst nehme beispielsweise als Mentor am Mentoringprogramm teil. Vor ein paar Jahren wurde ich von einem Gründerteam aus dem Bereich Mobilität angesprochen, ob ich als Berater und als Teilhaber einsteigen würde. Ich fand, dass das eine spannende Sache war, und habe mitgemacht. Dann gibt es noch einige andere Unternehmen, an denen ich beteiligt bin und die ich berate.

Und warum bringen Sie sich in dem Bereich so stark ein?

Wir haben bei SerNet einen Prozess angestoßen, im Rahmen dessen ich mich über mehrere Jahre hinweg aus allen Leitungspositionen zurückziehen will – auch wenn ich natürlich weiterhin mithelfen werde. Dieser Prozess funktioniert aber nur, wenn ich mich wirklich entferne, und deswegen suche ich mir neue Themen, die mich fordern.

Haben Sie einen Rat für andere ,alte Hasen‘, die sich bei Start-ups engagieren wollen?

Wenn man sich lediglich finanziell als Investor engagiert, ist man hinterher eventuell enttäuscht, wenn das Geld weg ist. Dann hat man nicht miterlebt, warum es so weit gekommen ist, welche Risiken eingegangen wurden. Aber vielleicht hätte man mit der eigenen Erfahrung gegensteuern oder helfen können. Es macht viel Spaß, aktiven Anteil zu nehmen, man kommt wieder in die Zeit zurück, als man selbst Ratschläge empfangen hat und die Zukunft noch etwas Unbekanntes war. Jeder muss leider selber einmal auf die Herdplatte fassen. Man kann diese Erfahrung, wie es sich anfühlt, wenn man sich verbrennt, nicht transportieren – sondern nur das Wissen, dass sie heiß ist. Die Frage ist, wie lange fasst man drauf und wie heiß ist die Platte schon. Es macht Spaß, mit der eigenen Erfahrung dazu beizutragen, dass die Gründer keinen tödlichen Fehler machen. Es gibt auch Unternehmer, die sich gerne reden hören, oder nur dabei sind, um ihre Ideen anderen überzustülpen. Aber man muss mindestens genauso gut zuhören können, wie man Ratschläge erteilt.

Wie findet ein Business Angel denn sein passendes Start-up?

Googeln hilft schon. Dann stellt man fest, dass es in Göttingen jede Menge Netzwerkveranstaltungen gibt. Dort muss man hingehen, die Gründer treffen. Wichtig ist dann natürlich auch, dass die Chemie stimmt. Auf der einen Seite sitzen die Gründer mit ihrem enormen Antrieb, die sagen: Da will ich hin. Auf der anderen Seite sitzt das relativierende Erfahrungswissen. Das ist ein Austausch mit Konfliktpotenzial. Natürlich muss einem auch die Idee sympathisch sein, und man sollte minimale Kompetenzen dafür mitbringen.

Wir machen Internet und Daten – wenn ich von einem Start-up aus dem Life-Science-Bereich angesprochen werde, dann habe ich davon einfach keine Ahnung, da können die Leute noch so gut und nett sein.

Sie kennen inzwischen beide Positionen: Was sollten auf der anderen Seite Gründer berücksichtigen, wenn sich ein Unterstützer auftut?

Wichtig ist, dass der potenzielle Unterstützer nicht auf das Engagement angewiesen ist. Es gibt natürlich auch professionelle Berater, bei denen man sich aber immer fragen muss, in welche Abhängigkeit man sich damit begibt, wenn er das zum Broterwerb macht. Dann sollte man schauen, ob derjenige, den man sich reinholt, das eigene Unternehmen über kurz oder lang selbst übernehmen will – als Gründer möchte man sein Unternehmen schließlich gerne behalten.

Banken sind auch immer ein Problem. Deren Geschäft ist es, die Leute in Kredit und damit in Abhängigkeiten zu bringen. Der Unternehmer sollte jedoch nur so kurz und billig wie möglich im Kredit stehen. Da muss man vorsichtig sein. Die Bank ist eigentlich nur ein Lieferant von Liquidität, erwartet aber oft, dass der Kunde als Bittsteller auftritt. Als Gründer sollte man sich fragen: Ist die Bank tatsächlich ein Partner? Wie kann ich sie auch wieder loswerden? Für einen Gründer ist das oft schwer zu beurteilen, dann macht man Fehler – und im schlimmsten Fall geht das Unternehmen kaputt.

Herr Dr. Loxen, vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Alciro Theodoro da Silva
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