Die Zeit wird knapper

Die erste Göttinger Frühjahrslese ist das neue Lesefest von Literaturherbst und Literarischem Zentrum und soll an vier Abenden zahlreiche Besucher in die Sartorius-Sheddachhalle locken. faktor ist Medienpartner und spricht vorab mit Stargast und Bestsellerautor Marc Elsberg über seinen Klimathriller ,°C – Celsius‘.

Marc Elsbergs neues Buch ,°C – Celsius‘ ist ein Thriller, der Fakten und Fiktion wieder einmal spannend miteinander verwebt. Elsberg wirft die Frage auf: Was, wenn ein Land Fakten schafft und ins Klima eingreift? In den vergangenen Monaten war der Autor mit der SAT1-Verfilmung seines 2012 erschienen Buches ‚Blackout‘ in aller Munde. Nun ist gerade ,°C – Celsius‘ erschienen. Bevor er Ende April nach Göttingen kommt, um bei der ersten Göttinger Frühjahrslese sein aktuelles Buch zu präsentieren, erzählt er im faktor-Interview von der Idee dahinter und davon, warum jeder Mensch politisch ist.

Herr Elsberg, im März ist ganz frisch Ihr neues Buch ,°C – Celsius‘ erschienen. Sie haben sich als Thriller-­Autor bereits einen Namen gemacht. Dies ist nun ein Klimathriller: Wie lange tragen Sie sich schon mit dem Gedanken, ein Buch zur Klimakrise zu schreiben? Und warum?
Als Mensch meiner Generation wird man seit Jahrzehnten mit der Klimafrage konfrontiert. Das Thema beschäftigt mich schon fast so lange, wie ich schreibe, also über 20 Jahre. Es ist das wichtigste Thema unserer Zeit – als Autor von Science-Thrillern musste ich also früher oder später ran, ich brauchte bloß die passende Idee.

Wovon handelt – kurz gesagt – Ihr neues Buch? Und worum geht es Ihnen persönlich? Haben Sie eine Botschaft?
,°C – Celsius‘ handelt davon, dass einige Menschen ­beschließen, im großen Maßstab am Thermostat der Erde zu drehen. Sie wollen die Erderhitzung mit groß­tech­nologischen Mitteln – Geoengineering – bremsen. Diese Methoden sind sehr umstritten. Mir geht es in meinen Büchern in erster Linie um spannende Unterhaltung, die noch etwas nachhallt.

Ihre Bücher sind auch deshalb so erfolgreich, weil sie nicht nur auf Fiktion, sondern auf gut recherchierten Fakten beruhen. Wie lange hat die Recherchearbeit für ,°C – Celsius‘ in Anspruch genommen? Und wie sah diese Arbeit aus?
Material zum Thema Klima sammle ich seit Jahren. Dazu findet man wirklich genug. Beim Geoengineering sieht das schon ein wenig anders aus: Da gibt es mehr oder minder verrückte Ideen und mehr oder minder wissenschaftliche Papiere dazu, aber so gut wie keine praktische Forschung. Da konnte ich als Thriller-Autor aus dem Vollen schöpfen.

Was kann man sich unter Geoengineering vorstellen? Und wie realistisch ist das Szenario, das Sie entwerfen?
Unter Geoengineering versteht man Ideen für verschiedenste Technologien, die Folgen der Klimakrise zu bremsen, abzuschwächen oder zu beseitigen. Das reicht vom Düngen der Meere mit Eisenspänen, um das Algenwachstum zu steigern, bis zu verschiedenen Varianten, die das Ziel verfolgen, die Sonnenstrahlung auf die Erde zu vermindern, etwa durch riesige Spiegel im All oder feine Staub- oder Aerosolschichten in der Stratosphäre.

Sie stellen auch die Möglichkeit einer globalen Compliance in den Raum, durch die eine neue Solidarität zwischen den Staaten der Erde den drohenden Konflikt vermeiden kann. Halten Sie dies in der derzeitigen politischen Lage für
realistisch?
Einfach wird es nicht, aber gerade in Umweltfragen ist es der Weltgemeinschaft schon gelungen – man denke etwa an die Herausforderung mit dem Ozonloch vor 30 bis 40 Jahren.

Auch in ,°C – Celsius‘ glaubt niemand wirklich an einen Kollaps und die Unbewohnbarkeit der Erde. Haben wir in Ihren Augen überhaupt noch Zeit zu handeln? Und welche Konsequenzen sollten die Menschen aus den vorhandenen Fakten ziehen?
Natürlich haben wir Zeit zum Handeln, aber sie wird immer knapper. Die notwendigen Konsequenzen sind eigentlich klar, die Politik müsste nur endlich umsetzen, und zwar viel konsequenter als heute.

Ende Januar lief auf SAT1 die Verfilmung von ,Blackout‘, Ihrem Thriller über den Zusammenbruch aller Stromnetze in Europa. Das Buch erschien bereits 2012, und das Thema scheint relevanter denn je. Sehen Sie sich als Visionär zukünftiger Szenarien? Und fühlen Sie sich vielleicht zu einer Aufgabe dieser Art berufen?
Weder sehe ich mich als Visionär noch zu irgendetwas berufen. Ich versuche, spannende Romane zu Themen zu schreiben, die ich persönlich interessant finde. Das finde ich Herausforderung genug.

Sehen Sie sich ein Stück weit als politischer Autor?
Jeder Mensch ist politisch – in dem Sinn, dass Politik im weiteren Sinn ja nicht nur Parteipolitik bedeutet, sondern Organisation von Gesellschaft, ob im kleinsten Kreis, in der Familie, im Freundeskreis, in Vereinen, im Beruf, im ganz normalen Alltag. Selbst jemand, der sich dem bewusst zu verweigern oder entziehen versucht, beeinflusst damit unser Zusammenleben. Entsprechend bin ich also ebenso politisch wie wir alle.

Sie gehen jetzt mit Ihrem neuen Buch wieder auf Lesereise. Wie reagieren die Menschen in der Regel auf Ihre Thriller? Führen Sie mitunter auch kontroverse Diskussionen?
Das kommt bei den Themen meiner Bücher schon vor. Wahrscheinlich werde ich auch deshalb oft zu Politik und Wirtschaft eingeladen, was für einen Autor von ­Romanen eher ungewöhnlich ist.

Ende April sind Sie nun in Göttingen bei der ersten Göttinger Frühjahrslese. Haben Sie einen Bezug zu unserer Stadt?
Ich war schon bei ein paar Gelegenheiten da, allerdings immer nur kurz.

Warum sollten die Göttinger gerade zu diesem Event kommen?
Weil wir einen spannenden, unterhaltsamen Abend haben werden! Und darauf freue ich mich!

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto: Lukas Ilgner
Zur Person
Marc Elsberg wurde 1967 in Wien geboren. Er war Strategie­berater und Kreativdirektor für Werbung in Wien und Hamburg sowie Kolumnist der österreichischen Tageszeitung »Der Standard«. Heute lebt und arbeitet er in Wien. Mit seinen internationalen Bestsellern ,Blackout‘, ,Zero‘ und ,Helix‘ wurde er zum Meister des Science-Thrillers. Jedes seiner Bücher ist ein Bestseller und er ein gefragter Gesprächspartner für Politik und Wirtschaft. Mit ,°C – Celsius‘, einem außergewöhnlichen Klimathriller, hat Elsberg sich erneut einem spannenden Thema gewidmet, das ihn seit vielen Jahren umtreibt: Können moderne Technologien die Folgen der Klimakrise bremsen?
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