30 Jahre Contigo – Viel mehr als Kaffee & Schokolade

Das international agierende Göttinger Unternehmen gehört zu den größten Importeuren von Fair-Trade-
Produkten in Deutschland und baut erfolgreich den Online-Handel aus.

„Ökonomie und Ökologie müssen sich nicht ausschließen“, sagt Greta Herbst. Im Gegenteil: Beides sei seit jeher im fairen Handel, dem sich Contigo verschrieben habe, verankert. „Wir setzen auf Nach­haltigkeit und Klimaschutz sowie auf Gerechtigkeit in den Handelsbeziehungen mit unseren Partner­unternehmen in vielen Ländern des globalen ­Südens.” Contigo beschreite damit weiterhin den Weg, den ihre Eltern Monika und Ingo im Jahr 1994 bei der Gründung des Unternehmens eingeschlagen haben, sagt Herbst. Seitdem sich ihre Eltern vor einigen Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen ­haben, steht die ­studierte Produktdesignerin gemeinsam mit Co-­Geschäftsführer und Mitinhaber Ralph Wüstefeld an der Spitze des Unternehmens.

Göttingen. „Angenehme Würze mit zarten Fruchtnoten“ aus ­Äthiopien, „Mild mit Anklängen von Zartbitter-
schokolade“ aus Kolumbien oder „Noten von Kakao und Haselnuss“ aus Brasilien: Wenn im Göttinger Ladengeschäft von Contigo Kaffee­bohnen aus Anbaugebieten in Afrika oder Südamerika frisch geröstet werden, ziehen nicht nur angenehme Düfte durch die Lange-Geismar-Straße. Es entstehen auch Kaffeespezialitäten, die von vielen Menschen geschätzt werden – nicht nur in Göttingen und Umgebung. In vielen Regionen Deutschlands wird Kaffee getrunken, den Contigo veredelt hat: „Wir haben Ladengeschäfte in zwei Dutzend weiteren Städten“, sagt Co-Geschäftsführer Ralph Wüstefeld. Gemeinsam mit Greta Herbst, der Tochter des Gründerehepaares Ingo und Monika Herbst, führt er die Contigo-Gruppe als geschäftsführender ­Gesellschafter.

Contigo röstet pro Jahr rund 110 Tonnen fair gehandelten Kaffee aus Afrika, Mittel- und Südamerika. Die Produkte stammen aus ökologischem Anbau und werden von Kooperativen und Kleinproduzenten angebaut und geliefert.

In den Contigo-Läden werden zwölf verschiedene Kaffeespezialitäten angeboten, teils sortenrein, teils als Mischung. Er bevorzuge eindeutig ,Äthiopia‘, sagt Wüstefeld, am liebsten ohne Milch und Zucker. Herbst dagegen mag vor allem ,Contigo Melange‘, sagt sie. „Sehr schön für Café Crema.“

Die von Contigo angebotenen Kaffeesorten stammen allesamt aus biologischem Anbau. Dabei werden die Pflanzen in Mischkulturen angebaut, damit die Artenvielfalt erhalten bleibt und der Boden vor Erosion geschützt ist. „Es kommen weder chemische Düngemittel noch Pestizide zum Einsatz“, sagt Herbst.

Der ,Öko‘-Kaffee sei wohl auch in erster Linie das, was die Menschen mit Contigo in Verbindung bringen, meint Herbst. Und Kaffee sei neben Schokolade auch das Produkt, an das beim Stichwort ,fairer Handel‘ zuerst gedacht wird. Contigo habe allerdings noch viel mehr Fair-Trade-Produkte zu bieten, darunter Keramik, Schmuck, Leder- oder Haushaltswaren. Sie seien inzwischen einer der größten Importeure in Deutschland, erzählt Wüstefeld.  

 

Zur Contigo-Gruppe gehören bundesweit 24 ­eige­ne Fair-Trade-Shops, vorwiegend in mittelgroßen Uni­versitätsstädten. Eine eigene Abteilung ist dafür zuständig, die Verbindungen zu den Kleinproduzenten in Übersee zu knüpfen und zu halten, die Waren zu importieren und diese an die Contigo-Geschäfte in Deutschland sowie an mehrere Hundert Weltläden in der Bundesrepublik und im angrenzenden Ausland zu liefern.

Die Vorstellung, mit der ihre Eltern Contigo ins Leben gerufenen haben, gelte dabei noch immer, sagt Greta Herbst: „Wenn man fairen Handel mit professionellem Konzept in die Innenstädte bringt und alternative Produkte in Kombination mit selbst geröstetem Kaffee aus fairem Anbau, kann das funktionieren.“

Wichtig sei ihr zudem der zu Contigo gehörende gemeinnützige Verein, sagt Greta Herbst. Dieser Verein unterstützt Kleinproduzenten in Ländern des globalen Südens, die unverschuldet in Notlagen geraten sind, etwa durch Überschwemmungen, Dürren, Feuer, Erd­beben oder Unruhen. Der Verein sei derzeit nötiger denn je. Denn es sei leider so, dass auch Partnerunternehmen von Contigo durch den Klimawandel in Bedrängnis geraten. Dies gelte besonders für die Landwirtschaft,
die sich immer seltener auf althergebrachte Anbau­methoden und -zyklen verlassen könne. Denn vielfach gebe es Starkregen in Trockenperioden oder ­ ­Trockenheit in Regenzeiten.

Und dadurch sei nicht nur die Landwirtschaft betroffen, sondern vielerorts auch das Handwerk. Diverse Kooperationspartner von Contigo hätten dies schmerzhaft erfahren müssen. Beispiel Philippinen: Dort habe ein Taifun alle Produktionsstätten eines Herstellers von ­Muschelschmuck zerstört. In solchen und ähnlichen Notlagen helfe der Contigo-Projektfonds, sagt Herbst.

Die rund fünf Dutzend Partner aus dem Handwerksbereich in Ländern des globalen Südens in Afrika, Südamerika, Südostasien und Indien seien Contigo sehr wichtig, erzählt Herbst. „Sie liegen uns am Herzen“. Viele Contigo-Partnerunternehmen setzten mit originellen Ideen auf Nachhaltigkeit. So fertige zum Beispiel ein kleines Unternehmen auf der Insel Sansibar aus den von Touristen weggeworfenen Weinflaschen unter anderem Lampen und Vasen. Das spare Ressourcen und trage zur Müllreduktion bei. Es sorge gleichzeitig für Einkommen und biete schöne Unikate.

„Der Klimawandel nimmt uns alle in die Verantwortung“, sagt Herbst. Das gelte nicht nur für die Partnerunternehmen im globalen Süden, „sondern vor allem auch für uns in den Industrieländern.“ Contigo habe daraus Konsequenzen gezogen: Das Unternehmen nutze seit mehr als 15 Jahren in allen Filialen Ökostrom und habe auf energiesparende LED-Beleuchtung umgestellt. Am Hauptsitz in Göttingen gebe es ,grünen‘ Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage, der auch für die elektrischen Betriebsfahrzeuge genutzt werde. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter biete Contigo kostengünstig Leasing-Räder. Beim Onlineversand seien Kartonagen aus Recyclingpapier im Einsatz.

Umweltgesichtspunkte spielten auch bei den angebotenen Waren zunehmend eine Rolle, sagt Herbst. So handele es sich inzwischen bei einem Teil der im­portierten Waren um sogenannte Upcycling-Produkte. ­Diese werden aus vermeintlich nicht mehr brauchbaren Ma­terialien hergestellt, die sonst auf dem Müll gelandet ­wären und zur Umweltverschmutzung beigetragen hätten.

Dass die Idee gezündet hat, meint auch Wüstefeld. Und mehr noch: „Wir etablieren uns immer weiter als Großhändler“, sagt der studierte Betriebswirt, der vor seinem Engagement bei Contigo unter anderem für die Münchener Rück und für Rewe tätig war. Er ist 2008 bei dem Göttinger Fair-Trader eingestiegen. Seither ist das Unternehmen schrittweise immer weiter gewachsen.

Zur Unternehmensgeschichte von Contigo gehöre aber auch, dass die Entwicklung durch Corona jäh unterbrochen wurde, sagt Wüstefeld. „Wir wurden ziemlich zurückgeworfen.“ Die 24 Läden mussten ­monatelang geschlossen bleiben. Im Jahr 2020 sei das für einen Großteil des Jahresumsatzes wichtige Weihnachtsgeschäft nahezu komplett ausgefallen. Nur dank „einer enormen Kraftanstrengung des Unternehmens“ sei damals kein Arbeitsplatz gestrichen worden, sagt Wüstefeld. Contigo habe seinerzeit das Kurzarbeitergeld für die Belegschaft von 60 Prozent der ursprünglichen Bezüge aus eigenen Mitteln auf 80 Prozent aufgestockt.

Ein Gutes habe die Krisenzeit allerdings auch mit sich gebracht: „Wir haben sie genutzt, um das ­Online-Geschäft auszubauen“, sagt Wüstefeld. Mit Erfolg: Mittlerweile erziele das Unternehmen mehr als 20 Prozent seines Umsatzes online. Tendenz: steigend.

„Nach den Jahren, in denen wir hart zu kämpfen hatten, sind wir derzeit jedenfalls dabei, wieder Stabilität in das Unternehmen zu bringen“, sagt Wüstefeld. Dass Contigo derzeit wieder optimistisch in die Zukunft blicke, liege nicht zuletzt auch an der Kundschaft. Obwohl die finanzielle Situation vieler Menschen sich zuletzt eher nicht verbessert habe, gebe es nach wie vor viele Kundinnen und Kunden, die bereit seien, für fair hergestellte und fair gehandelte Produkte etwas höhere Preise zu bezahlen, sagt Wüstefeld. „Der größte Teil unserer Kunden nimmt es jedenfalls wohlwollend zur Kenntnis, dass – wenn sie bei Con­tigo etwas kaufen – dies auch den Produzenten im globalen Süden zugutekommt.“ ƒ

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