Hauptsache im Sattel

Die Göttingerin Hannah Buch gehört zu den besten Radsportlerinnen Deutschlands. Wo viele Profis vor allem Trainingsqualen sehen, kennt sie nur pure Lebensfreude.

„Solange ich Spaß habe,
bin ich zufrieden.“

Hannah Buch ist normalerweise kein Mensch, der etwas vehement einfordert. Aber einen kleinen Wunsch hat sie am Ende des Interviews mit faktor dann doch. „Ich hoffe, es ist rübergekommen, dass mir das alles total viel Spaß macht“, sagt die 21-Jährige. Weniges ist glaubhafter. Auf dem Rad, beim Studium, im Leben – die Göttingerin scheint die Sonne anzuziehen. Sich nur auf ihr Rennrad zu setzen, weil es lästige Pflicht ist, käme ihr kaum in den Sinn. Es trifft sich lediglich, dass Buch ihr Sportgerät ziemlich effektiv und schnell einzusetzen weiß und dadurch auf der professionellen World Tour der Frauen fährt. Voller Spaß versteht sich.

„Das Schöne am Radfahren ist, dass man es überall machen kann, die Landschaft und Umgebung viel besser erkundet“, sagt Buch, die dabei so klingt, als würde sie dabei nur zufällig in Profirennen hineingeraten. 

Doch der Sonnenschein, angesichts ihres Gemüts im doppelten Sinn, trügt. Die 1,74 Meter große und 61 Kilo­­gramm leichte Athletin ist zugleich durch und durch ehrgeizig: „Mir gefällt dabei der Wettkampf­gedanke, über meine Grenzen hinauszugehen, zugleich aber im Team zu fahren.“

Ihr Team, das ist die in der Schweiz lizenzierte Mannschaft Israel Premier Tech Roland. Der geografisch verwirrende Name ist dem Hauptsponsor geschuldet. An die 50 Rennen bestreitet die zweifache deutsche Meisterin im Zeitfahren pro Jahr, ist dafür während
der Saison fast durchgängig in der ganzen Welt unterwegs und in Summe vielleicht zwei, drei Wochen daheim in Göttingen. Geplant war all das nie. Es kam auf Buch einfach zu.

Und zwar schon in ganz jungen Jahren. Mit fünf setzte sie ihr Vater Holger Buch, Abteilungsleiter des Tuspo Weende, erstmals auf ein kleines Rennrad, um sie auf einem Parkplatz Geschicklichkeitsübungen absolvieren zu lassen. Anfangs ritt Hannah Buch – Motto: Haupt­sache im Sattel – nebenher noch, doch mit zehn Jahren war ihr Talent auf Rädern statt auf Hufen zu ausgeprägt, um zwei Sportarten parallel auf hohem Niveau zu bestreiten. „Aber Profi wollte ich nicht werden“, erzählt sie rückblickend. „Gerade im Frauenradsport ist das angesichts der vergleichsweisen geringen Bezahlung kaum planbar.“

Buch rutschte durch gute Resultate dennoch in die Profitour hinein, war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die exzellente Saison 2020, gekrönt mit dem zweiten deutschen Meistertitel sowie dem sechsten Platz bei der Europameisterschaft im Zeitfahren, sorgte dafür, dass Buch in einem Moment Fahrt aufnahm, an dem dasselbe im weiblichen Radsport passierte. Die Tour de France Femmes wird mittlerweile unter deutlich höheren Standards gefahren, TV-Sender übertragen darüber hinaus mehrere Wettkämpfe. „Es ist echt spannend, wie sich das entwickelt“, sagt die Sportlerin, die im Vorjahr an der Frankreich-Rundfahrt teilnahm. Die 2023er-Auflage verpasste sie wegen eines Unfalls auf einem Stadtrad, der zu einer Gehirnerschütterung und mehrwöchigen Pause führte.

Den Spaß sollte ihr auch diese Verletzung nicht nehmen. Bleibt eben mehr Zeit für die Familie, die sonst viel zu selten zu sehen ist, sowie für ihr BWL-Studium an der Uni Göttingen. „In den Semesterferien vermisse ich das sogar, weil ich diesen Ausgleich zum Sport benötige“, erklärt Buch. Im Wintersemester 2023/24 beginnt sie ihren Master, freut sich bereits darauf. „Weil es mega­interessant ist“, sagt sie. Und ergänzt, Überraschung, Überraschung: „Weil es mir Spaß macht.“

Gleiches gilt auch für das Profileben, für rund 20.000 Trainingskilometer pro Saison, stundenlange Fahrten allein oder im Team. Wöchentlich schickt ihr Trainer nach vorheriger enger Absprache Pläne, dann geht’s wieder auf den Sattel. Sofern sie nicht im Trainingslager oder im Vorlauf von Rennen außerhalb ihrer Heimatstadt weilt, lässt sich auch in Göttingen wunderbar am Talent feilen. 

„Man ist ja schnell draußen aus der Stadt – und innerhalb sind die Autofahrer sehr rücksichtsvoll“, sagt die 21-Jährige und formuliert damit einen Satz, der wohl nicht jedem Göttinger Rad- und Autofahrer über die Lippen geht. Vom Profil her ist Buch eine exzellente Zeitfahrerin. Sie selbst beschreibt sich allerdings primär als Helferin und Anfahrerin für die Topsprinterinnen ihrer Mannschaft, der flache und wellige Strecken ent­gegenkommen. Der Klassiker Paris-Roubaix und die Flandern-Rundfahrt zählten zu den bisherigen Höhepunkten ihrer noch jungen Karriere. Kommt da Olympia 2024 in der französischen Hauptstadt Paris als nächstes Ziel nicht gerade recht? „Wahrscheinlich ist das noch zu früh“, so die sympathische Sportlerin. 

Große Ziele setzt sich Buch sowieso nicht auf lange Sicht, plant eher kurzfristig. „Ich schaue einfach, wohin ich mich entwickle“, sagt sie und ergänzt, „solange ich Spaß habe, bin ich zufrieden.“ƒ

Foto: Luka Gorjup
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