Das ‚Bulli-Werk‘ im Hannoveraner Stadtteil Stöcken feiert seinen 60. Geburtstag.
Seine großen, treuen ‚Augen‘, die geschwungene Form und die wunderbaren Farben lassen die Herzen von Auto-Nostalgikern höher schlagen. Gemeint ist das erste Kastenwagenmodell aus dem Hause Volkswagen. Obwohl dieser später als T1 bekannt wird, lautet seine Typenbezeichnung bei VW als Modell Nummer zwei nach dem Käfer eigentlich T2. Kultstatus erlangt der Klassiker aber ohne hin unter seinem Beinamen ‚Bulli‘. Kaum jemand, der keine schöne Erinnerung mit dem T1 oder einem seiner fünf Nachfolgemodelle ver bindet. Denn der Bulli wird für viele zum treuen Begleiter.
Ob im Familienurlaub an der See, beim Camping in den Bergen oder beim Sonne tanken im Süden – der Bulli ist mit dabei.
Hier und da entwickelt er sich sogar zum Familienmitglied. Er wird gepflegt, umsorgt und zahlt diese Liebe mit treuer Zuverlässigkeit zurück. Bis zu neun Personen finden Platz und können dank der Rundumverglasung die Fahrt in vollen Zügen genießen. Dabei ist er weit mehr als nur ein Familienbus, denn der Klassiker kann auch ganz anders: Als variabler Transporter bringt er Waren von A nach B oder dient als rollende Werkstatt. Das zuverlässige ‚Lastentier‘ begleitet so manches Unternehmen auf dem Weg nach oben. Seine Anpassungsfähigkeit ist legendär.
Schon 1954 können die Kunden unter 30 verschiedenen Modellen wählen. Damit kommt der Bulli genau richtig, um den Schwung des Wirtschaftswunders mitzunehmen und selbst ein Teil dieser Blütezeit zu werden. Die Idee zu dem revolutionären Fahrzeug, das als erster Transporter überhaupt gilt, stammt aus der Feder des Niederländers Ben Pon. Per Hand fertigt der Autohändler 1947 die erste Skizze für den Kastenwagen T1 an und setzt damit den Startpunkt für eine weltweite Erfolgsgeschichte. Schon 1950 geht das Modell in Serie und wird zunächst in Wolfsburg gebaut. Die Nachfrage ist riesig. Deshalb entscheidet Heinrich Nordhoff, damals Generaldirektor des Volkswagenwerks, dass ein eigenes Werk für die Produktion des T1 errichtet werden soll. Mehr als 200 Städte bewerben sich für den neuen VW-Standort.
Am Ende fällt die Wahl auf Hannover, genauer gesagt auf den Stadtteil Stöcken. Die Nähe zum Mittellandkanal und damit auch die direkte Verbindung zum Stammwerk in Wolfsburg sind einer der entscheidenden Vorteile. 1955 erfolgt die Grundsteinlegung, und schon am 8. März 1956 laufen die ersten Bullis vom Band. Seitdem schlägt das ‚Bulli-Herz‘ mitten in Niedersachsen. Der Standort in Stöcken feiert in diesem Jahr seinen 60._Geburtstag. Bis dato haben rund 9,5_ Millionen Fahrzeuge der T-Reihe das Werk verlassen. Inzwischen ist VW beim T6 angelangt.
Heute sind mehr als 14.000 Mitarbeiter bei VW in Stöcken beschäftigt.
Statistisch arbeiten somit mehr Menschen im Werk, als der Stadtteil Einwohner zählt. Die Bedeutung von Volkswagen für Hannover ist zwar nicht mit der für Wolfsburg vergleichbar, aber dennoch ist die Bulli-Schmiede der größte industrielle Arbeitgeber von Hannover und somit ein wichtiges Standbein. Deshalb dürften die Menschen auch hier in den vergangenen Monaten die negativen Schlagzeilen um VW aufmerksam verfolgt haben. Ob und welche Auswirkungen der Abgas-Skandal auf die Nutzfahrzeugsparte und damit auf den Bulli haben wird, steht noch in den Sternen. Fakt ist: Der ebenfalls in Stöcken produzierte Amarok ist von den Rückrufaktionen betroffen.
Dass auch der Bulli dadurch nachhaltigen Schaden nimmt, ist kaum zu befürchten. Der Klassiker ist nach wie vor beliebt. Im vergangenen Jahr wurden allein 10.000 Exemplare des Campingmobils ,California‘ gebaut. Bemerkenswert ist auch die Bulli-Erfolgsgeschichte in Südamerika. Denn im brasilianischen São Paulo wird der Bulli in der Modellversion T2 bis zum Jahr 2013 gebaut und erfreut sich dort großer Beliebtheit.
Die Produktion wird lediglich eingestellt, weil die Integration von Sicherheitssystemen wie Airbag und ABS in das 60 Jahre zuvor konzipierte Fahrzeug scheitert. Damit gehen die großen runden Augen wohl für immer. Der Geist aber lebt weiter, zumindest so lange, wie in Stöcken und an allen anderen VW-Standorten immer neue Bulli-Generationen entstehen und ihre Fans begeistern.
Das Werk
1955 begannen in Hannover ca. 2.000 Arbeiter mit dem Bau der damals größten Fabrik -halle Europas und bereits ein Jahr später liefen im neuen ,Transporterwerk‘ die Bänder an. Heute produzieren hier rund 14.000 Menschen VW-Nutz- und Sonderfahrzeuge. Zur Produktpalette zählen neben T6 Multivan / Transporter, Amarok auch Pressteile, Leichtmetallguss und Komponenten. Werksbesichtigung: (kostenlos) von Mo bis Do, je um 10 Uhr und um 13 Uhr, Anmeldung erforderlich, unter: Tel. 0511 7982139 www.volkswagen-nutzfahrzeuge.de