Das Herz schmeckt mit

Johannes Steingrüber will in Seesen am Harz eines der hochwertigsten Restaurants Deutschlands entwickeln. Dafür ging er durch eine harte Schule und setzt nun auf Leidenschaft und guten Geschmack.

ZUR PERSON
Johannes Steingrüber ist Spitzenkoch in Seesen am Harz. Schon mit 21 Jahren war er einer der jüngsten Küchenchefs in Deutschland. Der ­heute 28-Jährige hat nach Stationen unter anderem in Braunschweig, Regensburg und dem Bayerischen Wald sein eigenes Restaurant in Seesen eröffnet. Ausgezeichnet wurde er bisher mit FF+ als einer der 500 besten Köche in Deutschland laut ,Feinschmecker‘, sechs Pfannen im Gusto, zwei Bestecke im Falstaff und drei Saphire im Varta-Führer.

Das kleine, mit Schokolade gefüllte Mini-Croissant hat Johan­nes Steingrüber selbst erfunden. „Etwas ausprobiert“, sagt er. Dazu gibt es einen Cappuccino und den wortwörtlichen Blick durch das Harzfenster. Der Spitzenkoch ist einer der jüngsten seiner Zunft. Schon als Elfjähriger backte er für seine ­Eltern und die Schule Kuchen. Später zog es ihn hinaus in die Welt, um von den Besten der Besten das Kochhandwerk zu lernen. Sterneküchen wurden zu seiner Lehrstube. Nach der Pandemie kehrte er in den Hotel­betrieb seiner Eltern in Seesen am Harz zurück und baute sich dort eine Spitzenküche auf.

Nicht mehr als 20 Gäste kommen abendlich in den Genuss seines Acht-Gänge-Menüs. „Ich plane schon zwei weitere Gänge“, sagt Steingrüber. Der 28-Jährige geht aus Überzeugung volles Risiko und finanziert jede Entwicklung in seinem Restaurant aus der eigenen Tasche. Im kommenden Frühjahr wird das Hotel renoviert und auf die Küche zugeschnitten. Das Harzfenster soll die Adresse für Spitzenküche werden. Schon heute kommen Gäste aus ganz Deutschland auf den Berg in Seesen. Fast immer gibt es im angeschlossenen Hotel nach einem leckeren Abend auch ein „Frühstück danach“.
Am Dienstagvormittag ist es ruhig im Restaurant Harzblick in Seesen. Lieferanten und der Außendienst namhafter Marken geben sich die Klinke in die Hand. Die kleine Küche hinter der Schiebetür ist das Reich von Johannes Steingrüber. Mit seinem Team wird er am Abend jedem Tisch mindestens acht Gänge servieren. Und obwohl es vom Herd bis an den Platz nur wenige Schritte sind, hat jedes dieser Gerichte eine weitere Reise hinter sich – oder besser: Johannes Steingrüber. Als Nachwuchskoch nahm er 2015 an der TV-Sendung ,Game of Chefs‘ teil. Seit 2017 ist er Meister, wurde im selben Jahr mit 21 Jahren Küchenchef von gleich drei Restaurants in Wolfsburg, war 2019 an der Seite von Sternekoch Anton Schmaus Junior Souschef und kehrte während der Pandemie nach Hause zurück. Bei ,Game of Chefs‘ wurde er Elfter – und damit einem breiten Publikum bekannt.

Während dieser Zeit sammelte Steingrüber nicht nur Techniken und Rezepte, sondern auch Geschichten und Erinnerungen, die heute in jedes seiner Gerichte einfließen. „Es geht nicht nur um das Essen, sondern um das Gefühl, das es vermittelt“, erklärt er. Seine zehn Wanderjahre führten ihn durch sechs Bundesländer und insgesamt 14 verschiedene Praktikumsstellen. Seine wich­tigste, sagt er heute, war beim Grafen in Nörten-­Hardenberg. Noch heute verbindet ihn eine enge Freundschaft mit der damaligen Küchenchefin Katja Burg­winkel und Erinnerungen an viele Abenteuer“. „Herzlichkeit und Liebe für den Beruf, trotz hoher Arbeits­belastung“, beschreibt Steingrüber diese Zeit. Nicht immer war seine Reise so einfach. Die harschen Umgangsformen in Küchen, die oft mit Krankenhäusern und Chefarztpositionen verglichen werden, hat Johannes auf seiner Reise selbst erlebt. Doch er betont: „Raue Umgangsformen sind nicht mehr gerechtfertigt. Herzlichkeit steht im Vordergrund. Kritik an alten Macht­positionen und dem Druck in der Küche ist notwendig, um den Beruf nachhaltig ausüben zu können.“
In Seesen leben rund 14.000 Einwohner. Die Gäste von Johannes Steingrüber reisen mittlerweile aus ganz Deutschland an. „Die familiäre Atmosphäre und die Natur machen Seesen besonders“, sagt der Spitzenkoch. „Gäste kommen hierher, weil sie ein besonderes Erlebnis erwarten, und genau das bieten wir.“ Von signierten ­Menü-Karten bis hin zur persönlichen Präsenz an jedem Tisch – Steingrüber versucht, den Abend seiner Gäste so persönlich wie möglich zu gestalten. Eine besondere Note sind die Küchenpartys, bei denen Gastköche ein­geladen werden, um ein Netzwerk aufzubauen und sich gegenseitig zu inspirieren. „Zusammenarbeit in der ­Gastronomie ist essenziell. Jeder kann von jedem etwas lernen“, sagt er. Gleichzeitig sucht auch er den Austausch mit seinen Zunftkollegen, reist durch Deutschland und ist selbst Gast in fremden Küchen. Die Zeiten, in denen Köche auf ihrem Wissen saßen wie der Drache auf dem Gold, seien längst vorbei.

Das Restaurant Harzfenster ist für Steingrüber mehr als nur ein Ort, um seine Fähigkeiten zu demonstrieren. Es ist ein Ausdruck seiner selbst, seiner Leidenschaften und seiner Überzeugung, dass gutes Essen die Kraft hat, Menschen zu verbinden. „Ich möchte, dass die Leute nicht nur satt, sondern auch glücklich und inspiriert nach Hause gehen.“, sagt er. „Sie sollen das Gefühl haben, etwas Besonderes erlebt zu haben.“ Seine Küche beschreibt Steingrüber als euroasiatisch mit regionalem Zutatenanteil. „Wenn jemand zu uns kommt, stehen acht Gänge auf der Karte, aber die Gäste gehen mit zehn bis elf heraus.“ Immer wieder baut er kleine Über­raschungen ein, wählt besonderen Käse aus und gestaltet aufwendige Nachspeisen. Inspiration findet er in der ­Arbeit seiner Kollegen, orientiert sich an traditioneller Küche und gibt ihr einen neuen Dreh.
Was ihm selbst nicht schmeckt, das gibt er auch nicht an seine Gäste. Große Experimente vollzieht er in seiner Küche nicht. Exotische Früchte, die gut aussehen, aber nicht schmecken, kommen nicht auf seine Teller. „Ich will, dass die Menschen hier nicht nur schmecken, sondern fühlen, was ich erlebt habe.“ Dieses Gefühl des Erlebten ist für Steingrüber sehr wertvoll. „Ein leckeres Essen macht aus, dass es mit dem Herzen gekocht ist“, sagt Steingrüber. „Hinter einer liebenden Mamma muss ich mich verstecken. Einer guten Mamma, die liebt, kann man das Wasser nicht reichen.“

Mit viel Fleiß hat sich Steingrüber einen Namen gemacht. „Ich habe immer mehr als ein normales Pensum gearbeitet. Ich habe alles gemacht, um mich ­weiterzuentwickeln.“ Der Anspruch bleibt hoch. „Alles muss wie ein Uhrwerk zusammenpassen“, sagt Stein­grüber. Das geht von der Begrüßung über das polierte Besteck bis hin zum schön angerichteten Teller. Sein Ziel ist es, irgendwann auch mal einen Stern zu bekommen. Vor allem in seiner Anfangszeit hat er sich für dieses Ziel aufgerieben. „Jetzt ist es so, dass wir so gefallen wollen, wie wir sind“, sagt der Spitzenkoch. „Ich würde mich aber vor allem für das Team freuen, wenn es klappt.“ Denn von Kollegen weiß er, dass der Stern auch Gäste anlockt. „Ich möchte aber meine Passion beibehalten.“
Auf den jungen Koch wartet nun der nächste Schritt. Gemeinsam mit seiner Familie wird im Frühjahr des kommenden Jahres das Hotel und das Restaurant re­noviert und auch baulich weiterentwickelt. Doch egal, wohin er sich entwickelt: Das Herz ist immer dabei. ƒ

 

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