Wie ein Australier aus Hann. Münden sein Start-up mit Eiweißpulver aufbaut.

Im Fitnessstudio in Hann. Münden: Ein athletischer junger Mann stellt sich vor zwei gestapelte Holzkästen und hüpft dreimal kurz in die Luft. Dann springt er mit einem Satz die 1,2  Meter hinauf, steht  sicher oben, und kommt in einem Sprung wieder herunter. Sport ist Ghiath Wahbis Lebenselixier. „Ich muss ein Vorbild sein“, betont der Geschäftsführer und Inhaber der 2015 gegründeten Firma Wahbio, die biologische Eiweißpulver aus Milch, Eiern und Soja bohnen anbietet. Die Mittel rühren sich Sportler, aber auch Menschen, die abnehmen wollen, zu Getränken an – denn zum Muskelaufbau braucht der Körper Eiweiß. Zwar enthalten zahlreiche Lebensmittel Proteine, „die wollen aber gekauft, zubereitet und gegessen werden“, erklärt Wahbi. Und nach der Arbeit und dem Sport bleibt häufig wenig Zeit – weiß er aus eigener Erfahrung.

Wenn man etwas mehr über den jungen Gründer erfahren möchte, lassen sich im Internet schnell einige seiner Hobbys entdecken: Mal veröffentlicht der 30-Jährige seine Marathon-Ergebnisse, mal trägt er ein Surfbrett unter dem Arm den Strand entlang. Die Bilder erzählen von seiner L ebensgeschichte: Wahbi wuchs in weiter Ferne auf – in New South Wales, Australien. Doch was verschlug ihn in die niedersächsische Provinz? „Die Suche nach Neuem“, erzählt er. Ein deutlicher Akzent lässt sich noch nicht verleugnen. Zunächst studierte er Mechatronik in Down Under und arbeitete ein paar Jahre in seiner Heimat. „Die Frau, die mir bei meinem damaligen Arbeitgeber gegenübersaß, hat zu mir gesagt: ‚Ich habe in meinem Leben nichts Großartiges gemacht.‘“ Ein Satz, den Wahbi selbst nie sagen wollte. Und so fasste er 2011 einen Plan: in ein neues Land gehen und eine unbekannte Sprache lernen. Warum Deutschland? „Das Land ist ideal für Ingenieure.“

Um sich beruflich zu orientieren, besuchte er bei seiner Ankunft zunächst mehrere Jobmessen und fand sofort eine Anstellung beim Kunststoffhersteller ContiTech, die er bis heute innehat – in seiner neuen Heimat Hann. Münden. Die ländliche Umgebung ist für den Australier kein Problem, vielmehr ein weiterer Pluspunkt: „Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen. Hier fühle ich mich wohl.“ Vor allem liebt er es, in der Natur Sport zu treiben, besonders das Joggen durch die regionalen Wälder. Auch, um sich körperlich und geistig für einen vollen Arbeitstag fit zu halten.

Denn nach Dienstschluss bei ContiTech beginnt seit mehr als zwei Jahren Wahbis Engagement für sein Start-up Wahbio. Als Produzent von Eiweißpulver will er sich von Anfang an von der Konkurrenz abheben, indem alle Zutaten biologisch und aus mehreren Komponenten zusammengesetzt werden. Er selbst habe Eiweißshakes erst in Deutschland kennengelernt und schnell beschlossen, bessere und insbesondere biologische anzubieten – wobei er vor allem auf das eigene Probieren setzte. Gemeinsam mit Lebensmittelchemikern und Ernährungsberatern entwickelte Wahbi so lange, bis das Produkt in seinen Augen perfekt war. Insbesondere jedoch suchte der Ingenieur selbst Landwirte in der Nähe von Kassel und in der Schweiz auf, die ihm heute Bio-Hühnereiweiß und Milcheiweiß liefern. Dafür investierte er seine gesamten Ersparnisse: „Jeder Euro stammt von mir.“

Auch in diverse Tests hat Wahbi sein Geld gesteckt, um sicherzugehen, dass seine Produkte keine Dopingsubstanzen enthalten. Natürlich gebe es trotz dem Gegenwind. Falsch dosiert können Eiweißpräparate schon schaden, sagt er zu der Kritik. Das Pulver anzurühren, reiche nicht. „Nur, wer seine Ernährung und Eiweißzufuhr im Blick hat, kann die Mittel sinnvoll anwenden.“

Bislang hat sich sein mutiger Schritt in die Selbstständigkeit durchaus ausgezahlt – auch wenn er bis heute mit einigen Herausforderungen zu kämpfen hat. „Man ist jeden Tag mit dem Scheitern seines Start-ups konfrontiert. Man muss eine starke Mentalität besitzen, um auch Tiefschläge durchzustehen und dennoch auf dem Kurs zu bleiben“, erzählt der Gründer. „Aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder machen. Mein Start-up kann inzwischen ein sehr starkes Wachstum verzeichnen und hat zudem viele neue, zufriedene Kunden gewonnen.“

Darüber hinaus gewann Wahbi mit seiner Geschäftsidee nicht nur im vergangenen Jahr den Wettbewerb des Zentrums für Entrepreneurship der PFH, den Go-E-Award. Erst im Februar wurde er zudem mit der ,Gute- Gründer‘-Urkunde der GWG und WRG in Kooperation mit faktor ausgezeichnet. „Der Preis gibt mir weitere Motivation“, sagt er. „Und die brauche ich auch, um die Entwicklung meiner Firma tagtäglich voranzutreiben.“ Dennoch, auf eines will der junge Unternehmer auch in Zu kunft nicht verzichten – sein Lebenselixier: „Sport, in jeder freien Minute – sonst schaffe ich die Arbeit nicht.“

,Gute Gründe(r)‘

Im Februar verliehen die Wirtschaftsförderer GWG und WRG in Kooperation mit faktor erneut die Urkunde ,Gute Gründe(r)‘, die zweimal im Jahr an neue, vielversprechende und tragfähige Geschäftsideen vergeben wird, die in besonderer Weise geeignet seien, ein positives Gründungsklima in Göttingen zu fördern und Mut zu machen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Dieses Mal ging die Auszeichnung an Ghiath Wahbi aus Hann. Münden. Sein Unternehmen Wahbio UG überzeugte die Jury: „Der sich immer weiterentwickelnde gesellschaftliche Trend nach gesunden und regionalen Produkten wurde erkannt, und die Bedürfnisse der Zielgruppe werden mit den angebotenen Produkten in besonderem Maße befriedigt. Zudem nutzt Wahbi eine nachhaltigere, umweltschonende und tierfreundlichere Produktion.“

www.wahbio.com

Foto: Alciro Theodoro da Silva
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